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von den berufenen Vertretern der ernsthaften Ur-
typen dargestellt würden. Sehr komisch benahm
sich das Publikum, insbesondere, wie ich höre am
zweiten Abend, wo es sich genau so albern aufge¬
führt haben soll wie sein Spiegelbild auf der
Bühne. Der Skandalmacher im###rklichen Parkett
wurde, was mir eigentlich schmeicheln müsste, für
echt genommen und der Direktor auf der Bühne bei
den Worten: „Mit dem pingkämpfer hätt’s schliessen
müssen“ vom wirklichen Publikum akklamiert. Unter
diesen Umständen kann ich Ihnen nicht raten den
„Wurstl“ zu spielen, umso weniger als Sie ihn ja
auch nicht spielen würden, wenn ich Ihnen dazu
riete. (Geht in edler Haltung ab).-Aus Ihrem Re-
pertoire entnehme ich, dass Sie ganz berechtigter
Weise mein definitives Ja nicht erst abgewartet
haben, um die „Comtesse“ dem „Anatol“ zuzugesellen.
Möge - etc. etc.- und seien sie von uns Allen herz-
lichst gegrüsst.
Herrn Dr.Otto Brahm,Berlin.
P.S.
Brahm
22.2.1912.
Lieber Freund,
Vorgestern war Barnowski bei mir,um mi
einen Vorschlag wegen der Aufführung des.Medardus
zu machen und er selbst rät mir Sie in dieser Angel
genheit um Rat zu fragen. Er würde sich verpflichte
den Medardus in seinem ersten Direkti onsjahre 1914/1
als dritte Novität zu bringen. Ich selbst aber be-
hielte vorläufig ein Rücktrittsrech bedingungslos
bis zum 31. Dezember 1913 eventuell bis zum 15.März
1914, wenn ich mich mit seinem Besetzungsvorschlag,
den er bis dahin vorlegen müsste, nicht einverstanden
erklären könnte. Mache ich von diesem pücktr itsrecht
keinen Gebrauch, so tritt der Vertrag nach Zahlung
einer noch zu bestimmenden Garantiesumme durch Bar-
norsky an mich in Kraft. Meßn Bedenken ist nun, dass
ja die Annahme des „Medardus“ durch Barnowski kein
Geheimnis bleiben kann, so dass die kontraktlich
bestehende Freiheit meiner Entschliessungen einiger-
massen illusorisch wäre, da ja andere Bühnen doch
nicht mehr mit Anträgen an mich herantreten - "
Andererseits dürfte neben Barnowsky doch wohl nur,
wenn man es wagen darf bis 1914 vorauszusehen, das
Unternehmen der neuen Societäre in Betrabht kom-
men, die offenbar ideelldes heutigen Brahm'schen
Lessingtheaters Nachfolge anzutreten gedenken.
Persönlich hat Barnowsky einen sehr günstigen En¬
Eindruck auf mich gemacht und an dem Ernst seiner
Absicht kann ich nicht zweifeln. Wenn Sie mir al-
so gelegentlich Ihre Meinung über den Fall sagen
wollen, wäre ich Ihnen sehr dankbar.
Ich bin recht neugierig zu erfähren, wie
sich die virma Anatol und Mizzi bewährt hat und
ob Sie Ihre projektierte Frühjahrsreise über Wien
führen wird.
Mit herzlichen Grüssen von uns Allen
Herrn Dr. Otto Brahm, Berlin.
1. ƒ 1. 1.
Brahm
20.3.1912.
Lieber Freund.
Ich habe mir gestern mit meiner Frau
in der Pension Kramer Zimmer für sie angeschaut.
Sie können zwei Schlafzimmer für sie und Ihren
Neffen samt Salon und Badezimmer mit vollkomme-
ner Pension per Tag um 62 Kronen haben mit Ver-
zicht auf den Salon etwa 18 Kr. billiger. Es
sind hübsche Räume alle drei mit Balkon versehen
im ersten stock ruhig nach dem Garten. Es gäbe
natürlich auch noch andere Appartements; das
hier geschilderte aber scheint mir am meisten
empfehlenswert. (Meine Schwester hat während
ihrer Uebersiedelung wochenlang die gleichen
Zimmer bewohnt). in jedem Zimmer warmes und
kaltes Wasser,sowie Staatstelephon. Herr Kramer
würde bitten eine fixe Bestellung womöglich
schon Anfang April an ihn gelangen zu lassen.
Dass wir im Mai etwa zwischen 10. und
20. nicht in Wien sein werden, wissen Sie schon.
Unsere Tendenz geht nach Brioni und ich mehr
von den berufenen Vertretern der ernsthaften Ur-
typen dargestellt würden. Sehr komisch benahm
sich das Publikum, insbesondere, wie ich höre am
zweiten Abend, wo es sich genau so albern aufge¬
führt haben soll wie sein Spiegelbild auf der
Bühne. Der Skandalmacher im###rklichen Parkett
wurde, was mir eigentlich schmeicheln müsste, für
echt genommen und der Direktor auf der Bühne bei
den Worten: „Mit dem pingkämpfer hätt’s schliessen
müssen“ vom wirklichen Publikum akklamiert. Unter
diesen Umständen kann ich Ihnen nicht raten den
„Wurstl“ zu spielen, umso weniger als Sie ihn ja
auch nicht spielen würden, wenn ich Ihnen dazu
riete. (Geht in edler Haltung ab).-Aus Ihrem Re-
pertoire entnehme ich, dass Sie ganz berechtigter
Weise mein definitives Ja nicht erst abgewartet
haben, um die „Comtesse“ dem „Anatol“ zuzugesellen.
Möge - etc. etc.- und seien sie von uns Allen herz-
lichst gegrüsst.
Herrn Dr.Otto Brahm,Berlin.
P.S.
Brahm
22.2.1912.
Lieber Freund,
Vorgestern war Barnowski bei mir,um mi
einen Vorschlag wegen der Aufführung des.Medardus
zu machen und er selbst rät mir Sie in dieser Angel
genheit um Rat zu fragen. Er würde sich verpflichte
den Medardus in seinem ersten Direkti onsjahre 1914/1
als dritte Novität zu bringen. Ich selbst aber be-
hielte vorläufig ein Rücktrittsrech bedingungslos
bis zum 31. Dezember 1913 eventuell bis zum 15.März
1914, wenn ich mich mit seinem Besetzungsvorschlag,
den er bis dahin vorlegen müsste, nicht einverstanden
erklären könnte. Mache ich von diesem pücktr itsrecht
keinen Gebrauch, so tritt der Vertrag nach Zahlung
einer noch zu bestimmenden Garantiesumme durch Bar-
norsky an mich in Kraft. Meßn Bedenken ist nun, dass
ja die Annahme des „Medardus“ durch Barnowski kein
Geheimnis bleiben kann, so dass die kontraktlich
bestehende Freiheit meiner Entschliessungen einiger-
massen illusorisch wäre, da ja andere Bühnen doch
nicht mehr mit Anträgen an mich herantreten - "
Andererseits dürfte neben Barnowsky doch wohl nur,
wenn man es wagen darf bis 1914 vorauszusehen, das
Unternehmen der neuen Societäre in Betrabht kom-
men, die offenbar ideelldes heutigen Brahm'schen
Lessingtheaters Nachfolge anzutreten gedenken.
Persönlich hat Barnowsky einen sehr günstigen En¬
Eindruck auf mich gemacht und an dem Ernst seiner
Absicht kann ich nicht zweifeln. Wenn Sie mir al-
so gelegentlich Ihre Meinung über den Fall sagen
wollen, wäre ich Ihnen sehr dankbar.
Ich bin recht neugierig zu erfähren, wie
sich die virma Anatol und Mizzi bewährt hat und
ob Sie Ihre projektierte Frühjahrsreise über Wien
führen wird.
Mit herzlichen Grüssen von uns Allen
Herrn Dr. Otto Brahm, Berlin.
1. ƒ 1. 1.
Brahm
20.3.1912.
Lieber Freund.
Ich habe mir gestern mit meiner Frau
in der Pension Kramer Zimmer für sie angeschaut.
Sie können zwei Schlafzimmer für sie und Ihren
Neffen samt Salon und Badezimmer mit vollkomme-
ner Pension per Tag um 62 Kronen haben mit Ver-
zicht auf den Salon etwa 18 Kr. billiger. Es
sind hübsche Räume alle drei mit Balkon versehen
im ersten stock ruhig nach dem Garten. Es gäbe
natürlich auch noch andere Appartements; das
hier geschilderte aber scheint mir am meisten
empfehlenswert. (Meine Schwester hat während
ihrer Uebersiedelung wochenlang die gleichen
Zimmer bewohnt). in jedem Zimmer warmes und
kaltes Wasser,sowie Staatstelephon. Herr Kramer
würde bitten eine fixe Bestellung womöglich
schon Anfang April an ihn gelangen zu lassen.
Dass wir im Mai etwa zwischen 10. und
20. nicht in Wien sein werden, wissen Sie schon.
Unsere Tendenz geht nach Brioni und ich mehr