B16: Brahm, Otto 2 Arthur Schnitzler an Brahm, Abschrift (Fortsetzung) , Seite 76

V. F. 1.1.11.
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G.C.H.F.Ce.R.S.V.
III Tutzing, 5.8.1912.
Ihnen zu bedenken, ob Sie nicht auch für einige
Lieber Freund, ich lasse Ihnen aus der Kanzlei des
Tage das Lessingtheater in wien samt seinen
Dr.Geiringer in Wien die Correkturfahnen des Bernhar-
Haupt-und Zwischenspielen allein laufen lassen
di schicken und mache gleich aufmerksam, dass einiges,
könnten. (Wenn Sie mir Ihrem Vorschlag gemäss
vor allem die zweite Hälfte der Pfarrerszene im 4.Akt
einen Vertrag über „Zwischenspiel“ senden wol-
seither erheblich geändert wurde; diese Aenderungen,
len, habe ich natürlich nichts dagegen. Der Ord¬
nung halber werde ich auch das Burgtheater um
die auch schon gedruckt sind, lasse ich Ihnen baldigst
Freigabe ersuchen; sie wird gewiss ohne weiteres
nachsenden, resp. sende sie selbst und werde bitten
erfolgen, umso mehr als das Burgtheater kaum
die Blätter an richtigen Orte in das Mscript, einzule-
an eine Wiederaufnahme denken dürfte. Im vori¬
gen, sowie die ungiltig gewordenen zu eliminieren.
gen Jahr war flüchtig davon die Rede die Ko¬
Ich habe mit dem Stück noch nichts unternommen, sondern
mödie mit Waldau und der Marberg neu aufzuneh-
werde es erst nach meiner Heimkehr (8.September) dem
men.)
Sehr tief hat mich der Tod Burckhards
Volkstheater einreichen. Sollte es Weisse akzeptieren,
berührt; er ist im Lauf des verflossenen Winters,
so wollen wir abwarten, wie sich die Zensur verhält.
zuletzt vor wenig Wochen meist auf dem Heinweg
Ist eine Aufführung in Wien ausgeschlossen, so will
vom Türkenschanzpark öfters auf ein Stündchen
Ich das Stück drucken lassen. Ueber eine eventuelle
bei mir eingekehrt und nach einer Viertelstun-
Aufführung in Berlin können wir natürlich erst reden,
de der Klagen und Aengstlichkeiten schien er
wenn Sie das Stück gelesen haben.
für eine Weile ganz der Alte zu werden, so wie
Das Gerücht, dass Sie Burgtheaterdirektor werden und
wir ihn in seiner besten Zeit gekannt haben.
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5.8.12
katholisch geworden sind, erhält sich. Der erstere
Gedanke wäre mir so sympathisch, dass mich, trotz aller
eucharistischer Congresse, der zweite kaum genieren
würde - aber wenn ich mich Ihrer letzten Aeusserungen
zu diesem Thema erinnere, so fürchte ich, dass sowohl
Wien als Rom für die Dauer auf Sie werden verzichten
müssen. Lassen Sie mich aber doch bald näheres wissen!
- Seit wir die Adria verlassen haben, ist es auch mit
unserem Wetterglück vorbei und so freuen wir uns, trotz
aller angenehmer Gesellschaft hier, recht sehr nach
Hause. In dieser selben Stunde, im gleichen Hotel,
schreibt Heinrich Mann an Sie. Ich hoffe, ja rechne fast
darauf, dass die grosse Liebe bei Ihnen ein grosser Er-
folg sein wird.
Wir grüssen Sie herzlichst.