B15: Thimig, Hugo, Seite 21

Hannion.
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München 3. November 1915
Sehr geehrte Spielleitung:
In meiner Eigenschaft als Familienvater, welcher
die Zukunft von 4 erwachsenen Kindern zu überdenken hat,
erlaube mir einige aufklärende, bittende Zeilen an Sie zu
erh.
richten, u. zw. wegen A. Schnitzlers „Komödie der Worte“. Nach
versch. Zeitungsstimmen muß ich schließen, daß die 3 Einackter wieder
sind
ein Schlüsselstück ist, wie es Ler Steins Operette "Eiserne Jungfrau"
act
Bauers, der arme Wittirmer waren. Letzteren beiden Operetten haben
die Behörden ein Ende gemacht, weil darin meine Privat- u. Fami¬
liensachen in gänzlich unrichtiger, verleumlerischer Weise öffent¬
lich an den Pranger gestellt wurden (in der „Ers. Jungfrau“ in
kasser, unsittlich verklärmter freie). Es ist nahe liegend, daß und
durch solche Schliesselstücke, (noch dazu an Goftheater)
ihre
u. Ruf vollständig mit Füssen getreten u. der Aufenthalt
unter anständige Menschen für immer unmöglich gemacht
wird. Dies ist für uns um so trauriger, als meinen 2 ansten.
digen, braven Töchtern im Alter von 18 ½ u. 24 Jahren jede
Zukunft abgeschnitten wird. Die seit 5 ½ Jahren am Münche¬
ner Ostfriedhofe ruhende Mutter - sie ist an Magenkebs
dahin gesucht - u. ich (durch Verfolgungen seitens böser
Menschen schwer morenkrank gewordener alter Mann*) werden
von gewissenlosen Dichtern auf den Bühnen in verlogener
ehratschneiderischer Form herumgezerrt. Und dieses alles in
der furchtbar ernsten Zeit, wo mein älterer Sohn am 4. Juli
x ich musste längere Zeit in einem Sanatorium zu bringen