B19: Wassermann, Jakob, Seite 7

V
WIEN XIX., 21. Mai
JULIE WASSERMANN
HAASGRABEN,
(Reuss)
Lieber Arthur!
Ich höre, dass Sie in Ihrem neuen Roman "Therese" ein Zerr-
Dienstlich hielten. Ich habe darauf¬
or very
bild meiner Person zu liefern für
comme le dernier
hin den Roman gelesen und mich in keiner Weise betroffen gefühlt, aller-
dings finde ich, dass recht drastisch der Versuch gemacht wird die allge-
mein bekannten Eigenschaften vonx mir, wie in einem Steckbrief zusammen
zu stellen:
"Die Dame hat sich in späten Jahren als Romanschriftstellerin etabliert,
sie ist berühmt zerstreut, hat die Manie zu verwechseln, ist keine pedan
tische Hausfrau und hat überdies den Vornamen Julie". Ich würde mich besti
mmt mit humorvollem Schweigen über Ihre ritterliche Handlungsweise hinweg
F.
setzen, wenn nicht diesem Steckbrief die Anschuldigung beigefügt wäre, in
dass Julie ihre Tochter zu verkuppeln sucht und Vorteile pekunierer Art
aus diesem Versuch durch Monate zieht.
Meine Schwester
Paula, die mir gegenüber nicht allzu nachsichtig ist
trotz all ihrer Güte, nannte einmal meinen Kampf um Judiths bürgerlichen
Lebenswandel geradezu heroisch. Auch Jakob wird Ihnen bestätigen, dass
die Heirat
ich Judith um der Bürgerlichkeit willen mit einem armen Menschen, den sie
ermoglichen suchte,
liebte, zu xxx und dass ich schwere finanzielle
um eine Basis
Opfer gebracht habe, die bis zum heutigen Tage fortwirken, xxx
zu schaffen
xxx. Ich bin geradezu idiotisch ideal in diesen Dingen, was meine
ganze Umgebung weiss.
Es muss Ihnen auch bekannt sein, lieber Arthur, dass seit
Jahren von anderer Seite mein Charakter in schwerster Weise verdächtigt
lang
wird. Ich erfuhr sogar vor einem Jahr, dass ich xxx Jahre durch den all