A53: Der Geist im Wort und der Geist in der Tat, Seite 7

erst die Voraussetzung für die Möglichkeit weite¬
ren Schaffens, bieten würde oder bietet.
Diese Notwendigkeit, ja manchmal schon
die Voraussicht der Notwendigkeit, jenen
Hauch höllischen Geistes nicht entbehren
zu können, ist es, die unter Umständen die Tra¬
gik solcher Menschen bedeutet, an der zu-
grunde zu gehen sie.um so eher in Gefahr sind,
in je reinerer und höherer Weise sie ihren Tyrus
repräsentieren.
Andererseits wieder ist dem negativen Ty¬
pus das Streben oder zum mindesten eine —
zuweilen kaum bewußte Sehnsucht nach
der Wesenheit seines positiven Gegentypus ein¬
geboren, manchmal verbunden mit dem Wissen
um die Vergeblichkeit dieser Sehnsucht, was
auch hier zu nahezu tragischen, im Grunde aber
doch nur tragikomischen Konfliktne führen
kann.
Noch öfter aber kommt es vor, daß der nega-
tive Typ geneigt ist, sich entweder als den ent-
sprechenden positiven Gegentyp zu fühlen oder
doch sich als solchen aufzuspielen, auch wenn
es ihm mehr oder weniger bewußt ist, daß sein
Reich innerhalb des negativen Gebietes be¬
schlossen ist. Solche Repräsentanten des nega¬
tiven Typus wirken in ihren angemaßten Rollen
je nach Begabung, Charakteranlagen, äußeren
Umständen lächerlich, unverschämt oder be-
klagenswert manchmal aber gelingt es ihnen,
durch Gewandtheit oder auch durch Naivität
über ihre eigentliche Natur auch den
Menschenkenner eine gewisse Zeit hindurch zu
täuschen.
Manche Repräsentanten des positiven Ty-
pus sind verdammt, zeitlebens unerkannt auf
Erden zu wandeln oder sogar für den entspre-
chenden Gegentyp zu gelten. Für manche wie-
der bedarf es eines großen Anlasses, damit sie
sich als das erweisen können, was sie wirklich sind.
Bleibt ein solcher Anlaß aus, so kann es gesche-
hen, daß ihnen zeitlebens ihr eigenes Wesen ver¬
borgen bleibt oder ihnen nur ahnungsweise
schmerzlich zu Bewußtsein kommt.
Mancher Repräsentant des positivenblpus
wandelt, mit Absicht in den Gegentyp ver-
kleidet, auf Erden umher; mancher gefällt
sich dauernd aus irgendeinem Grunde in dieser
Rolle eines Gegentyps, mancher spielt sie aus
Ekel weiter („an der Menschheit verzweifelnd
oder „sie verachtend“), nicht selten tritt auch
eine Art von Mimikry ein, so daß z. B. mancher
Staatsmann von dem Gewimmel der Politiker
um ihn, mancher Priester nicht von den Pfaffen
— gelegentlich selbst für den Kenner —zu unter¬
scheiden ist. Es geschieht sogar manchmal, daß
der positiveblpp eine Sehnsucht darnach emp¬
findet, sein Gegen typ zu sein, insofern er näm-
lich diesen beneidet — um dessen Unbeschwert-
sein, dessen innere Unverantwortlichkeit und die