A62: Medizinische Schriften, Seite 3

Kritiken. (Charcot)
Charoot hat sich neuerdings besonders mit
dem Studium der Neurosen beschäftigt,und in sei-
nen neuen Vorlesungen lenkt er die Aufmerksam-
keit der Leser hauütsächlich auf das angeführte
Gebiet. Man wird die 28 Kapitel des Werkes
mit ebensoviel Vergnügen als Nutzen lesen,und
das Interesse des Gegenstandes,gehoben durch
die meisterliche Durchsichtigkeit der Schilde
rung, deren glänzende Seiten uns häufig an die
Klinik von Trousseau gemahnten,wird dem Werke
so viel Freunde schaffen, als die Nervenhatholo-
gie selbst solcher zählt.
Wir möchten hier nur auf einige besonders
beachtenswerte Vorlesungen hinweisen,unter wel-
chen uns jene mit der grössten Vorliebe vorge-
tragen scheinen, wo die Hysterie selbst oder ein
ihr mindestens verwandter Fall abgehandelt wird,
und Partien,wie die folgenden: "Hysterie im
Knabenalter, zwei Fälle von hysterischer Kontra
tur traumatischen Ursprungs, sechs Fälle von
männlicher Hysterie, Spiritismus und Hysterie,
zwei Fälle von hysterischer Hemiplegie des Ar-
mes aus traumatischer Ursache bei Männern u.a.m.
nehmen vom ersten bis zum letzten Worte unser
ausserordentlichstes Interesse gefangen.
Insbesondere über männliche Hysterie
führt Charcot eine Fülle von anregenden Beob-
achtungen ins Feld, auf die Aktualität des Gegen
standes hinweisend, über welchen vom Jahre
1875-1880 5 Inauguraldissertationen der Pariser
med. Fakultät überreicht wurden.-Die männliche
Hyseerie, sagt Charcot, ist ein häufiges Vorkomm-
nis in der gewöhnlichen Krankenpraxis.Er weist
auf den aetiologischen Wert eines eventuellen
Traumas hin und sieht auch in dem einfachen
psychischen Shok ein bedeutsames Moment für die