A62: Medizinische Schriften, Seite 113

Ich glaube nämlich nicht, dass die Stellung, welche man
der Lehre von der Hypnose und Augustion gegenüber einnimmt,
mit der materialistischen Bildung etwas zu thun hat, uod wenn
SCHMIDKUNz (Seite 284) sagt: «Ueberhaupt jedoch rückt in der
Suppestionstheorie gegen den Materialismus wohl der gefährlich
Feind an...» so darf man wohl darauf erwidern, dass dieselben
Gelehrten, welche alle Geheimnisse des Lebens, der Entwicklung und
des Denkens aus der Materie zu erklären vermeinten, nicht gerade
von der Augustion, die sich in alle Erscheinungen des Lebens völlig
Aufgeben ihrer Anschauung gedrängt werden
zwanglos einfügt,
dürfen. Wenn die Seele noch nicht geliefert war — die
Suggestion bringt sie ### bei und nur wenn^es die Ueberzeugungs-
treue der als wunderbare Fähigkeiten an Veränderungen der Materie
gethan sein lassen — nicht zuweilen zu Gunsten der Augustions
Rann.
theorie diese Idee aufzugeben. ### es die überzeugten Idealisten
nie darin über, dass auch grosse Denker... zu eine rein materi¬
alistische Auffassung gekommen war — nur befremdete es die über
zeugende Materiale nie, daß grosse Denker, die mit allen Beweis¬
mitteln der Gegenpartei wohl vertraut sind, zu einer rein idealisti¬
schen gekommen sind. Ich habe die Empfindung, dass jeder Mensch
sich irgend einer dieser beiden grundlegenden Anschauungen sym¬
pathisch gegenübersteht — ich begreife nur die Ueberzeugung nicht
— die Gehässigkeit im Kampf, das Nichtbegreifen der Ueberzeugung
des Andern. Wer will es denn so sicher wissen, dass einer oder
der Andere Recht hat. Auch Herr Doktor SCHMIDKUNz, der Philosoph.
ein Herr Doktor GRSTER, der Arzt, wisse es nicht und wenn
SCHMIDKUNZ nur jene oben angeführte Daten hinzusetzt: Es harr
unser das Schauspiel eines der bedeutungsvollen Entscheidungs-
schlachten, welche je in der Geschichte der Philosophie geschlagen
werden, so glaube ich ohne Zögern an die brennende Schlacht;
nur die Entscheidung dürfte sie nicht bringen.
Eine andere Stelle in dem Abschnitt über Heilkunde wird
wohl auf viel Widersprüche stossen, und ich muss sagen, dass
vor Allem was heute in der hieher gehörigen Literatur vorliegt,
nichts genügend ist, eine Behauptung, wie die folgende zu recht
fertigen: (Seite 297)... nur scheint mir hieher die Erwägung zu
gehören, dass anatomische Läsionen erst von einem bestimmten
drad aa von suggestiver Therapie ausgeschlossen sind; indem ja
die Rückbildung krankhafter Prozesse im Körper jedenfalls zunächst
auf Umwegen («symptomatische Behandlung») meines Erachtens
aber auch direkt durch Augustion zu fordern sind.
Die Fälle, wo bei gewissen organischen Leiden durch
Hypnose mit Augustion resp. Augustion allein Besserungen erzielt
worden sind, beruht gewiss nicht auf einer Beeinflussung der spa-
tomischen Läsionen, sondern darauf, dass bei einer grossen Anzahl
von organischen Erkrankungen, wie ich seiner Zeit an anderen
Orten bemerkte, vielleicht bei allen ein Ueberschuss von funktioneller
Beéinträchtigung des betreffenden Organes enthalten ist, die wir
aber durch die hypnotische Suppestion auszuschalten im Stande
sind. Gewiss ist auch die Wirkung der Augustion von Bedeutung,
den noch immer sind die Medikamente spärlich vorhanden, mit
denen wir gefahrlos gleiche symptomatische Erfolge zu erzielen im
Stande ist. Man muss auch berücksichtigen, wie z. B. dass Sup¬
gestion eine Besserung ataktischer Erscheinungen bei Tabes erzielt
worden ist, durchaus ungläubig gegenüber stehen, den wir bessern
gar nicht jene Ataxie, die auf der anatomischen Läsion beruht,
^gen jenes Mehr von Ataxie zum Verschwinden,
sondern wir
Natur ist und dessen Entstehung bei einem
das eben
geschwächten, angsterfüllten Patenten leicht genug zu erklären ist.
Der letzte Abschnitt über Kunst, Kultur und Religion entkält
in gedrängter Form eine Fülle der werthvollsten Anregungen, auch
einige, die ich vorläufig nicht besonders ernst nehmen kann. Wenn
der Autor gelegentlich eines Hinblicks auf Bühnentechnik hinweist,
«wie wäre es, wenn man einmal probeweise versuchte, eine Rolle
hypnotisch oder posthypnotisch spielen zu lassen», so ist die Marotte
eines geistvollen Kopfes, aber auch nicht mehr. Im übrigen könnte
man die Sache versuchen und etwa in Paris nach dem Théatre
libre, nach dem Théâtre d’art und dein Théatre realiste mit einem
Théatre hypnotique versuchen. Ich möchte aber noch weiter gehen
man solle die Zuschauer in posthypnotischen Zuständen auch der
Vorstellung beiwohnen lassen, insbesondere wäre dies gegenüber
Recensenten anzurathen.
In den letzten Kapiteln zeigten jeder Absatz
und es ist zu hoffen, dass die vielen Anregungen
nicht ungenützt vorbeigehen werden. Dass man zuweilen beim Durch¬
lesen des Buches die Empfindung bat, als trete da ein See an
manchen Stellen über Ufer und flutete äber die Wiese und verlief
sich nur dort, kurz das Gefühl unklarer Grenzen, das musste einem
Buche über Philosophie der Augustion begegnen. Ich habe den
Verfasser gerne auf alle seine Gänge begleitet, zuweilen hätte ich
mehr Klarheit im Vortrag gewünscht, manchmal hätte sich aber
gerne mehr sagen lassen; ### das Werk wohlgelungen und
den
O.S.
Berris
mais
der