A98: Komtesse Mizzi oder: Der Familientag, Seite 36

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komisch. Eine Tochter, und wenn sie auch eine alte
Schachtel wird, für'n Vater bleibt sie halt doch immer das
kleine Mäderl.
Komtesse (erscheint. 37 Jahre, noch sehr gut
aussehend. Florentiner Strohhut, weißes Kleid. Sie küßt
den Grafen. Dann reicht sie dem Fürsten die Hand).
Nun, wie geht's, Fürst Egon? Man sieht Sie so selten.
Fürst. Danke, Mizzi. Sie sind sehr fleißig?
Komtesse. Man malt halt seine Blümerln.
Graf. Sei nicht so bescheiden, Mizzi. Neulich, der
Professor Windhofer hat g'sagt, sie soll ruhig einmal
ausstellen. Braucht sich neben der Wiesinger-Florian nicht
zu verstecken.
Komtesse. Ja, das ist schon möglich. Aber ich
hab' halt keinen Ehrgeiz.
Fürst. Fürs Ausstellen bin ich eigentlich auch nicht.
Man ist dann jedem Zeitungsschreiber ausgeliefert.
Komtesse. Das sind Herrenhausmitglieder auch
Wenigstens, wenn sie was reden.
Graf. Und unsereiner vielleicht nicht? In alles
stecken sie ihre Nasen.
Fürst. Nun, wie heut' die Strömung ist, gibt's
Leute, die schon deswegen auf Ihre Bilder schimpfen
möchten, Mizzi, weil Sie eine Gräfin sind.
Graf. Da hat er recht.
Diener (kommt). Gräfliche Gnaden werden gebeten,
ans Telephon zu kommen.
Graf. Wer ist's denn? Was gibts denn?
Diener. Gräfliche Gnaden möchten sich persönlich
zum Apparat bemühen.
Graf. Du entschuldigst mich einen Moment. (Leise
zu ihm.) Sag's ihr jetzt, während ich nicht dabei bin. Ist
mir lieber.
Graf (ab).
sollte Papa am
Komtesse. Es telephoniert
Ende schon wieder in neuen Banden sein? (setzt sich.)
Fürst. In neuen?
Komtesse. Um diese Zeit hat gewöhnlich Lolo
telephoniert. Aber mit Lolo ist es jetzt aus. Das wissen
Sie doch?
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Fürst. Habe es eben erst erfahren.
Komtesse. Und was sagen Sie dazu, Fürst
Egon? Mir tut's ja recht leid. Wenn er jetzt wieder was
anfängt, fällt er sicher hinein. Und ich fürchte, er fäng
wieder was an. Er ist noch zu jung für seine Jahre.
Fürst. Ja, ja.
Komtesse (sich nach ihm umwendend). Sie sind
übrigens lang nicht dagewesen.
Fürst. Sie werden mich nicht sehr vermißt
haben... fürchte ich.... Die Kunst.... und weiß
Gott was noch.
Komtesse (einfach). Trotzdem.
Fürst. Sehr liebenswürdig
(Pause.)
Komtesse. Warum sind Sie heute so schweig-
Erzählen Sie doch was. Gibt’s gar nichts Neues
sam?
in der Welt?
Fürst (als dächte er nach). Unser Sohn hat maturiert.
Komtesse (zuckt ganz leicht). Ich hoffe, Sie haben
auch interessantere Neuigkeiten in Vorrat.
Fürst. Interessantere.
Komtesse. Oder wenigstens Neuigkeiten, die mich
persönlich mehr angehen, als der Lebenslauf eines mir
unbekannten jungen Herrn.
Fürst. Ueber wichtigere Etappen in der Lausbahn
dieses jungen Herrn glaub’ ich mich doch verpflichtet, Sie
zu unterrichten. Als er gefirmt wurde, hab' ich mir ja
auch erlaubt, Ihnen Mitteilung davon zu machen. Aber
wir brauchen jetzt nicht weiter davon zu sprechen. (Pause.)
Komtesse. Ist er wenigstens durchgekommen?
Fürst. Mit Auszeichnung.
Komtesse. So scheint sich ja die Rasse zu verbessern.
Fürst. Das wollen wir beide hoffen
Komtesse. Und jetzt naht ja wohl auch der große
Moment heran.
Fürst. Was für ein Moment?
Komtesse. Erinnern Sie sich denn nicht mehr'
Nach der Matura wollten Sie ihm ja eröffnen, daß Sie
sein Vater sind.
Fürst. Das hab' ich schon getan.