B17: Brandes, Georg 17 (1) Brandes an Schnitzler, Seite 58

Kopenhagen (nicht Havnegade)
11.4.1911.
Verehrter Herr und Freund.
Heute schickte ich Ihnen eine Bagatelle, die ich über Ihr
hier aufgeführtes Ballet geschrieben habe und legte eine andere
Bagatelle anbei. In deutscher Sprache habe ich sonst Nichts. In
Deutschland habe ich nicht einmal mehr einen Verleger. Ich gab in
diesen Tagen eine Broschüre heraus, aber Sie lesen ja leider nicht
Dänisch. Ihr grosser Brief machte mir Freude. Wie schön dass es Ihnen
endlich gut geht. Nur die Schwerhörigkeit gefällt mir gar nicht.
Es ist lumpig von den höheren Mächten, mit Solchem sich schadlos zu
ehalten. Verbindung mit der N.fr. Presse stehe 2) dass ich seine
Mir geht es nicht eben strahlend, aber ich bin nicht krank.Adres-
se von jetzt bis weiteres Hotel Lukretia, Boulevard Raspail, Paris.
Ich drücke Ihre Hand in alter Freundschaft
Ihr ergebener
als Sie allein.
Georg Brandes.
Meine Bitte ist also: fordern Sie
ohnmächtiger Meister, irgend einen Journalisten auf, das Frl.Prozor
(in der Truppe von Susanne Depres) zu intervieren und für sie ein
wenig Stimmung zu machen.
Dies ma corvée.
Aber ich mag nicht dieslangweilige Zeug abschicken ohne Ihnen aufs Neue
zu sagen, wie lieb ich Sie trotz der Entfernung und meines Alters habe,
und wie gerne ich Sie wiedersähe.
Ich habe in Italien, Frankreich und Dänemark in diesem Frühjahr & Mena-
te durch Venenentzündung verloren. Ich war jetzt in Schottland, weil sie
Universität St. Andreas mich à l'occasion seines 500 jährigen Bestenens
zum Ehrendoktor ernannt hatte. So sah ich allerlei Malerisches im
land.
Von tädtigen und wäre wurde, immer so wär¬
Kopenhag
onügende Adresse)
1911.
Verehrter und lieber Freund.
Ich weiss dedoch, dass andere Geist in Wien
Graf Prozor, russischer Diplomat, vieljähriger Uebersetzer Ibsens
ins Französische - er hat zur Frau etne schwedische Gräfin und kennt
unsere Sprachen - hat eine Tochter, die durch die Wirksamkeit des Va-
ters Ibsen-Enthusiastin und Ibsen-Darstellerin geworden ist.
sten wird.
Fräulein Prozor soll am12.ten in Wien Hedda spielen.
Der Vater hat mich wiederholt gebeten, ihr die Bahn zu ebenen durch
einen Artikel in der N.fr.Presse. Ich antwortete ihm 1) dass ich in
keinerlei Verbindung mit der N.fr. Presse stehe 2) dass ich seine
Tochter xxx nie gesehen habe. Er gibt nicht nach, fleht immer als al-
ter Freund, ich möge jemand in Wien seinethalber plagen.
Ich kenne Niemand, der mit Theatersachen irgendwie in Berührung steht,
als Sie allein.
Meine Bitte ist also: fordern Sie, lieber Freund und in Wien gewiss nich
ohnmächtiger Meister, irgend einen Journalisten auf, das Frl. Prozor
(in der Truppe von Susanne Deprès) zu interviewen und für sie ein
wenig Stimmung zu machen.
Dies ma corvée.
Aber ich mag nicht dieslangweilige Zeug abschicken ohne Ihnen aufs Neue
zu sagen, wie lieb ich Sie trotz der Entfernung und meines Alters habe,
und wie gerne ich Sie wiedersähe.
Ich habe in Italien, Frankreich und Dänemark in diesem Frühjahr 3 Mona-
te durch Venenentzündung verloren. Ich war jetzt in Schottland, weil die
Universität St. Andreas mich à l'occasion seines 500 jährigen Bestehens
zum Ehrendoktor ernannt hatte. So sah ich allerlei Malerisches in Schott
land.