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que le
- 2 - 13.12.1915)
Verehrter Freund! Es hat mich riesig gefreut, dass Sie auch in dieser
traurigen Zeit an mich gedacht haben. Ich habe Ihr lächeind-wehmütiges
mich dafür verantwortlich zu machen. Darin soll gestanden haben,
in Wien hungere man.
Ich hatte den Artikel nie gelesen, nie gesehen, viel weniger
geschrieben oder angenommen. Nun ging diese Idiotie wie ein Lauf-
feuer durch die deutsche und österreichische Presse, mit imbecilen
Schimpfworten gegen mich.
Sie scheinen daran geglaubt zu haben. So sind wir alle. xxx
Sie viele tausend Mal wir erfahr en haben, dass das Gedruckte nur Lüge
war, immer wieder glauben wir an etwas.
Mein junger Schwiegersohn ist noch nicht verwundet, aber leidet
grässlich an Leere, fühlt es, alsverliere er den Verstand, werde alt
und graun Es ist immer besser als Wunden und Tod.
Ich bin von ganzem Herzen Ihr Freund
zurückzurufen. Ihr
Georg Brandes.
1 1,1,1
Kopenhagen, 28. Sept. 17.
Verehrter Freund! Es hat mich riesig gefreut, dass Sie auch in dieser
traurigen Zeit an mich gedacht haben. Ich habe Ihr lächelnd-wehmütiges
Buch mit grossem Behagen gelesen und die Bekanntschaft mit zwei reizen.
den Damen, genannt Sabine und Katharina, gemacht. Auch eine grisse
Lebensphilosophie, eine überlegene, ist in dem Buche. Während Sie
erfinderisch schöpfen, muss ich mich begnügen, geschichtliche Gestalten
neu zu formen. Ich habe während des Krieges ein Buch über Goethe und
eine über Voltaire publiziert, beide in zwei Bänden, ausserdem einen
Band über den Weltkrieg, nur hier und in Amerika als The World at War
erschienen. Seit 5 Monaten bin ich so närrisch, an einer grosseren
Arbeit über Cäsar zu pfuschen. Die wird wohl mehr als ein Jahr nehmen.
Ich denke oft an Wien und an die Freunde dort. Seit wir uns im Mo-
vember 1912 sahen, ist Alies verändert. Ich kann kaum verstehen, dass
es fast schon 5 Jahre her ist.
Bitte sehr mich in der Erinnerung Ihrer Frau Gemahlin und Beer-Hofmanns
zurückzurufen, Ihr ganz ergebener
wird wohl auch ein paars Bände wenGeorg Brandes. ist ehr umfangreich,
römisches Leben von ca. 120 bis c.40, aber er fesselt mich sehr. Bis
ich doch kein Erfinder, nur ein enthusiastischer Forscher. Ich hoffe,
dass es Ihnen und den Jhrigen, auch unseren wenigen gemeinsamen Freunden
wohl geht.
Georg Brandes.
que le
- 2 - 13.12.1915)
Verehrter Freund! Es hat mich riesig gefreut, dass Sie auch in dieser
traurigen Zeit an mich gedacht haben. Ich habe Ihr lächeind-wehmütiges
mich dafür verantwortlich zu machen. Darin soll gestanden haben,
in Wien hungere man.
Ich hatte den Artikel nie gelesen, nie gesehen, viel weniger
geschrieben oder angenommen. Nun ging diese Idiotie wie ein Lauf-
feuer durch die deutsche und österreichische Presse, mit imbecilen
Schimpfworten gegen mich.
Sie scheinen daran geglaubt zu haben. So sind wir alle. xxx
Sie viele tausend Mal wir erfahr en haben, dass das Gedruckte nur Lüge
war, immer wieder glauben wir an etwas.
Mein junger Schwiegersohn ist noch nicht verwundet, aber leidet
grässlich an Leere, fühlt es, alsverliere er den Verstand, werde alt
und graun Es ist immer besser als Wunden und Tod.
Ich bin von ganzem Herzen Ihr Freund
zurückzurufen. Ihr
Georg Brandes.
1 1,1,1
Kopenhagen, 28. Sept. 17.
Verehrter Freund! Es hat mich riesig gefreut, dass Sie auch in dieser
traurigen Zeit an mich gedacht haben. Ich habe Ihr lächelnd-wehmütiges
Buch mit grossem Behagen gelesen und die Bekanntschaft mit zwei reizen.
den Damen, genannt Sabine und Katharina, gemacht. Auch eine grisse
Lebensphilosophie, eine überlegene, ist in dem Buche. Während Sie
erfinderisch schöpfen, muss ich mich begnügen, geschichtliche Gestalten
neu zu formen. Ich habe während des Krieges ein Buch über Goethe und
eine über Voltaire publiziert, beide in zwei Bänden, ausserdem einen
Band über den Weltkrieg, nur hier und in Amerika als The World at War
erschienen. Seit 5 Monaten bin ich so närrisch, an einer grosseren
Arbeit über Cäsar zu pfuschen. Die wird wohl mehr als ein Jahr nehmen.
Ich denke oft an Wien und an die Freunde dort. Seit wir uns im Mo-
vember 1912 sahen, ist Alies verändert. Ich kann kaum verstehen, dass
es fast schon 5 Jahre her ist.
Bitte sehr mich in der Erinnerung Ihrer Frau Gemahlin und Beer-Hofmanns
zurückzurufen, Ihr ganz ergebener
wird wohl auch ein paars Bände wenGeorg Brandes. ist ehr umfangreich,
römisches Leben von ca. 120 bis c.40, aber er fesselt mich sehr. Bis
ich doch kein Erfinder, nur ein enthusiastischer Forscher. Ich hoffe,
dass es Ihnen und den Jhrigen, auch unseren wenigen gemeinsamen Freunden
wohl geht.
Georg Brandes.