B17: Brandes, Georg 17 (1) Brandes an Schnitzler, Seite 73

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Brandes.
Salzburg
5. Oesterr.Hof.
24.5.19
Hochverehrter Herr Dr. Schnitzler.
Dr.Brandes dankt Ihnen ergebenst für Ihren freundlichen
Brief. Wie Sie wahrscheinlich aus den Zeitungen erfahren haben, erkrank-
te Dr. Brandes gleich nach seiner Ankunft hier an Bronchitis, und es
sah für ein paar Tage recht ernst aus, aber glücklicherweise ist es gut
gegangen, die Krankheit ist beinahe vorüber und morgen wird er, wenn
das Wetter schön bleibt, spazt ren fahren.- Mit Ausnahme der ersten
Woche hat die Sonne jeden Tagen von einem wolkenlosen Himmel niederge-
schienen und Salzburg hat sich in aller ihrer Schönheit dargeboten;
die Stadt ist ja entzückend und ich hoffe, dass Dr.Brandes bald imstan-
de sein wird, kleinere Ausflüge zu machen und etwas von der Schönheit
zu geniessen.
Dr. Brandes beauftragt mich Sie zu sagen, dass auch für
ihn war das Zusammensein mit Ihnen hochverehrter Herr Doktor, eine
grosse Freude, und dass er sich bei Ihnen ausserordentliche wohl be-
funden habe. Er würde sich sehr freuen, wenn Sie, wie Sie andeuteten,
in Herbst nach Kopenhagen kämen.
Ich möchte gerne die Gelegenheit benützen und Ihnen, ver-
ehrter und lieber Herr Doktor, vom Herzen danken für die schönen Stun-
den, die ich bei Ihnen verbrachte.
Mit besten Grüssen von Dr.Brandes und Ihrer
Gertrude Rung.
Leider reist je
Geusine auf 6 Wochen nach Italien. Ich kann
sicht bewältigen.
Sie wiesen kann,
raten für Ihr
vieljährige Freundschaft
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Brandes.
Kopenhagen, 21. Juni 1925.
Mein lieber Freund.
Sie waren diesmal wieder sehr gütig gegen mich in Wien. Ich
ging nach Salzburg, verlor aber dort vier Wochen mit Bronchitis, bin
hier, und kann über die Gemundheit nicht klagen, obwohl der Sommer hier
kalt und unheimlich ist.
Ich hätte Ihnen sehr gerne mein kleines Buch Hellas ge-
schickt, aber leider durch allerlei Verlegerschwierigkeiten lässt die
deutsche Uebersetzung auf sich warten.
Es war schön, Sie und Ihr Haus wiederzusehen. Es tut mir
leid zu merken, dass Ihre Stimmung nicht heiter war. Sie waren nicht
deshalb weniger liebenswürdig, aber ich gönnte Ihnen mehr Lebensfreude.
Man hat ja seitdem ein älteres Schauspiel von Ihnen im Burg-
theater aufgeführt; ich hoffe, dass die Poesie des Stückes zu ihrem
Recht kam. Es muss doch ein angenehmes Gefühl sein, auf viele Menschen
zugleich zu wirken. Sie sind diesem Genuss gegenüber wohl etwas ver-
wöhnt und blasiert, aber nicht desto weniger!
Ich wurde eingeladen, die Festlichkeiten wegen des 200 jähri-
gen Bestehens der Akademie der Wissenschaften in Leningrad (1) mitzu-
machen; sie strecken sicha in Petersburg und Moskau von 6.-16. Septem-
ber, aber ich wollte als Gast nicht heucheln, und Entzücken über den
ietzigen Zustand in Russland wäre meinerseits Heuchelei. Reden müsste
ich ja, und das schreckte mich. Sonst hätte ich gern die zwei Städte
unter den veränderten Umständen wiedergesehen.
Sie waren sehr lieb so wohl gegen meine Begleiterin wie
gegen mich.
Leider reist jetzt Frau Rung mit ihrem Gatten und ihrer
Cousine auf 6 Wochen nach Italien. Ich kann ohne sie meine Korrespondenz
nicht bewältigen.
Sie wissen kaum, wie dankbar ich mich im Innersten für Ihre
vieljährige Freundschaft fühle. Ihr Georg Brandes.