B17: Brandes, Georg 17 (2) Schnitzler an Brandes, Seite 9

Eate obriously wrong as his
It is an answer to Braade of 6/10/1590
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8.8.96.Wien
Verehrtester Herr Brandes,
der vollständige Titel des Buches lautet: Georg Brandes,
Aus dem Reiche des Absolutismus, Charakterbilder aus Leben,Politk,
Sitten, Kunst, Literatur Russlands. Übersetzt von Alfred Forster.
Leipzig, bei Siegismund und Volkening.
Was den Artikel über die Censur in Polen anbelangt, so
werden freilich wenige auf die Vermutung kommen, dass er aus einem
zehn Jahre alten Buch herausgeschrieben ist,- und ich möchte an-
nehmen, dass das auch der Redaction der Zeit nicht bekannt war, von
der Sie übrigens persönlich Aufklärung bekommen sollen. Ich sagte
Ihnen schon im Sommer, dass man bei uns und wohl auch in Deutsch-
land keine rechte Vorstellung davon hat, in welcher Art übersetzun-
gen Ihrer Werke verfertigt und in welcher Art sie ausgenützt werden.
Vielfach ist sogar die Ansicht verbreitet, dass Sie selbst auch
deutsche Artikel schreiben und manche Ihrer Sache selbst aus dem
dänischen ins deutsche übertragen. Alles dies scheint Ihnen zuweilen
doch ärgerlich zu sein; aber ich erinnere mich nicht, dass Sie
sich schon einmal dagegen öffentlich verwahrt haben. Wäre es nicht
doch schön und gut, wenn Sie das gelegentlich einmal thäten - nicht
um Ihretwillen - aber um der allgemeinen Bedeutung willen, welche
Fragen des literarischen Rechts und des literatischen Anstands zu-
kommen.- Verfügen Sie jederzeit über mich und seien Sie versichert,
dass ich dem Künstler und dem Menschen gleich herzlich ergeben bin.
Der Ihre mit vielen Grüssen
Arthur Schnitzler
Monsieur le
1 1/2 t.t. 4 1/4 t, wäre 1,
Wien, 11.1.97.
Verehrtester Herr Brandes,
in diesem Briefe finden Sie mein neues Stück "Freiwild"
eingeschlossen. "Nicht "weil ich Ihrer vergessen" - muss ich das
wirklich sagen? - sende ich es erst heute ab!! Wie Sie sehen, ist
das Stück noch Manuscript; ich habe mich bisher nicht entschliessen
können, es als Buch erscheinen zu lassen. Auf dem Theater macht es
ja seine Wirkung; in der Lectüre scheint es dürr (?) und unange-
nehm(?). Ich empfinde das umso verdriesslicher, als ich glaube,
dass mir die Komödie in glücklicherer Stimmung hätte gelingen
müssen. Der Stoffist mir lang nachgegangen, und obwohl man heute den
Eindruck gewinnen mag, das ganze sei einer These zu Liebe geschrie-
ben, so ist es mir seinerzeit doch aus dem Leben empor- und entgegen-
gequollen. Und vielleicht kommt auch das Missglücken selbst wieder
aus etwas sehr lebendigem her. Die weibliche Hauptfigur hat näm-
lich gerade in der Zeit, da der Stoff in mir reif wurde, einen Sprung
bekommen, der sich dann, wie in einem an einer Stelle eingedrückten
Spiegel nach allen Seiten fortgesetzt hat. Ich habe das Stück ein
paar Mal geschrieben; es ist technisch reinlicher, aber innerlich
nicht besser geworden. Ich habe also auf ein Schicksalwort gewartet,
um Ihnen das Stück zu senden. Vielleicht wäre es auch eine Art von
Unaufrichtigkeit gewesen, Ihnen, dem ich bisher schon so wunderbare
Worte freundlicher Teilnahme verdanke, dieses Stück, das ich ja nun
doch einmal gemacht habe und sogar habe aufführen lassen, zu unter-
schlagen. Hier ist es also, und mit ihm die herzlichsten und ver-
ehrungsvollsten Grüsse
Ihres treu ergebenen
Arthur Schnitzler.