B17: Brandes, Georg 17 (2) Schnitzler an Brandes, Seite 47

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Ich bin sehr glücklich, dass Sie immer in gleicher Herzlichkeit
meiner gedenken- was Sie mir bedeuten,- muss ich Ihnen das noch sagen? Ich
hoffe Sie sind schon ganz wohl und der Jesus ist bald vollendet. Was Sie,
Georg Brandes, in diesem letzten Jahrzehnt gemacht haben- und wie Sie es ge-
macht haben.; gibt es dafür in der Geschichte menschlicher Geistesarbeit
ein Analogon? Und wie menschlich nah sind Sie einem in jedem Ihrer Bücher,
wie liebt man Sie in jedem:- Und ob Jesus ein Lebendiger oder ein Hythes
war; - in Ihrem Buch wird er beides zu sein verstehn.-
Im Januar werd ich wahrscheinlich eine Vortragsreise in dier Schweiz
machen. Und wann sieht man einander wieder? Sie haben's ja in der Komoedie
der Verf. gelesen: das Alter ist nur eine Intrigue, die die Jugend gegen uns
einfädelt. In meinem nächsten Stück soll der neunzigjährige als Sieger
übrig bleiben.- Schreiben Sie mir bald wieder einen Brief, mein verehrter
Freund- oder wenns Ihnen leichter von der Hand gehen sollte, ein Buch. Es
darf ja auch eine über Brandes sein.
Seien Sie herzlichst gegrüsst von Ihrem getreuen
Arthur Schnitzler
Verzeihen Sie die Klexe! Fliessende Tinte - neue englische Feder,-Unge-
schicklichkeit, -
1 1/2 1/4 a.t. 4 1/7. n. 4. 2/4 4. 9.
Wien, 11.2.1925.
Lieber und verehrter Freund,
ich lese, und mein Sohn schreibt mir, dass Sie im Laufe des
März nach Berlin kommen wollen. Ich hatte die gleiche Absicht und wäre nun
sehr froh, wenn ich Ihnen dort begegnen dürfte. Sind Sie sich über den Ter-
min Ihrer Reise schon klar? Wollen Sie mir darüber so bald als möglich ein
Wort schreiben, wär ich Ihnen von Herzen dankbar.
Lehrder Schweiz (Vortragsreise und nachheriger Aufenthalt im
? der
Engadin) hatt ich einen kurzen Bericht über Sie durch Dr.
Sie damals in Kopenhagen etwas leidend angetroffen hatte. Nun gehts Ihnen
hoffentlich wieder ganz gut. Mir auch ganz leidlich. Manche schöne Abend-
stunde verbring ich mit Ihren Büchern, den neuen und den alten. Jetzt bin
ich wieder einmal in der "Romantik" der Hauptströmungen.
Ach bitte, schreiben Sie mir gleich ein Wort.
Sie von Herzen grüssend Ihr
Arthur Schnitzler