Arthur Schnitzler
Und die von Gott geschaffen, tausendfach
Ihm alle seine Sünden heimzuzahlen.
Anina (scheinbar ernstbast): Trägst du mit solcher Absicht dich, dann muß,
Wer Casanova liebt, ihn vor dir warnen.
Flaminia: Nein doch, wieso? Drehst du aus jedem Wort
Mir eine Fangschnur? Hörst du nicht vielmehr
Aus jedem, daß ich toll in ihn verliebt?
Und nun zum drittenmal, als trieb' ein Teufel
Sein Spiel mit mir — schon hatt' ich ihn gewiß
Fliegt mir der seltne Vogel aus der Hand,
In die er selbst so gern sich betten wollte.
O nimmermehr! Was kommt dich Böse an,
Daß du mir nehmen willst, mir vorenthalten,
Was Rechtens mein!! Du Unersättliche!
Daß du, sei's nun durch Zufall oder Lust,
Doch unverdient gewiß, die Seine warst
Ist das nicht Glück genug? Willst du noch mehr?
Anina: Ich war die Seine nicht.
Wer denn als du?
Flaminia:
Anina: Viel eher du.
Für ihn, doch nicht für mich.
Flaminia:
Anina: Er weiß nicht, daß ich’s war, so war ich's nicht.
Flaminia: Ich war's nicht, denn ich weiß, daß ich’s nicht war.
Anina: So hätten beide wir ein Recht an ihn.
(Zögernd)
Und wer das beßre hat, soll er entscheiden.
Flaminia: Nun ward sie völlig toll! Er soll entscheiden!!
Als hätt' er's gestern abend nicht getan,
Und wählte mich
Da stand ich nicht zur Wahl.
Anina:
In dieser Nacht ist vieles anders worden.
Für ihn — für dich — fur mich. Nun wähl' er neu
Nein doch, zum erstenmal! — Komm, laß uns gehn.
Flaminia: Mit dir — zu ihm —?
Daß wir aus seiner Hand,
Anina:
Wie's immer falle, unser Los empfangen.
Gemeinsam gehn wir, eine kehrt zurück.
Flaminia: Das wär' ein ungleich Spiel, du Höchstgerechte.
Erst wenn auch ich ihm eine Nacht geschenkt,
Ward unser Anspruch gleich, dann darf er wählen.
Doch früher nicht. Ist dies nicht edel g'nug?
Ich will noch edler sein. Anina, höre:
Du sollst ihn nur für eine Nacht mir lassen,
Die Schwestern
Für eine Nacht, doch ohne Wahl. Und morgen
bring' ich auf Eid ihn selber dir zurück.
Du magst ihn dann für ewig dir behalten.
Verlangst du mehr? — Hier meine Perlenschnur
(Auf eine Gebärde der Anina:)
Ein Freundschaftszeichen nur, nicht etwa Lohn.
Läßt du allein mich gehn, so ist es dein.
Nenn's Laune, wenn du willst, Besessenheit,
Noch gestern hätt’ ich für den Venezianer
So wenig als für einen andern Mann
Die letzte dieser Perlen hingegeben.
Nur eben heut und weil ich grade will
Anina: Als wär' er mir um tausend Perlen feil.
Flaminia: Zu deinen Füßen denn.
(Sie stürzt vor ihr nieder.)
Anina: Was fällt dir ein?
Flaminia: Ein letztes Mal, laß dich beschwören, Kind.
Du kennst mich nicht. So sanft und gut ich scheine,
Wer störrisch meinen Bitten sich versagt
Anina (sich von ihr losreißend): Ich tu's.
Flaminia (plöslich auf und in höchster Erbitterung): Dann Gnade Gott uns beiden.
Vor allem dir und deinem sanften Aug’.
Und da die finstre Nacht dir hold gesinnt,
Sei ewig sie um dich. Mit dieser Nadel
(Sie hat einen Pfeil aus ihrem Haar gezogen und will Anna damit ins Auge fahren.)
Andrea (tritt jezt zwischen sie, nimmt zuerst Flaminia, dann Anina bei der Hand, die er vor-
läufig nicht losläht. Sie stehen also alle drei in einer Reibe, den Blick gegen links gewandt, in dem
Augenblick, wie sich die Tür links öffnet und Santis hereintritt).
Anina — Flaminia — Andrea — Santis
Santis (etwas betrunken, noch in der Tür): Flaminia! — Dacht' ich's doch!
(Weiter binein.) Ich darf wohl auch
Fertig gemacht! Gleich sind die Gäste da!
Ist man auch schön genug —? Es mag sich lohnen.
Ein feiner Herr, mein Lord — wird neunzehn eben,
Sieht dem Adonis gleich und sanft wie Bacchus.
Wir sind auf du und du. In Barren schleppt er
Das Gold mit sich. Wer wird den Bissen schnappen
Blond oder braun? (Zu Andrea)
Wenn wir nicht das Geschäft
Auf halbpart machen. — Wie, Herr Philosoph?
Denn so ein Lord erscheint nicht alle Tage.
Auch wirft schon Holland seine Netze aus
Flaminia: Die Witwe?
Ja. Trotz ihrer Neununddreißig.
Santis:
Nicht Männer mein' ich, Jahre neununddreißig.
Und die von Gott geschaffen, tausendfach
Ihm alle seine Sünden heimzuzahlen.
Anina (scheinbar ernstbast): Trägst du mit solcher Absicht dich, dann muß,
Wer Casanova liebt, ihn vor dir warnen.
Flaminia: Nein doch, wieso? Drehst du aus jedem Wort
Mir eine Fangschnur? Hörst du nicht vielmehr
Aus jedem, daß ich toll in ihn verliebt?
Und nun zum drittenmal, als trieb' ein Teufel
Sein Spiel mit mir — schon hatt' ich ihn gewiß
Fliegt mir der seltne Vogel aus der Hand,
In die er selbst so gern sich betten wollte.
O nimmermehr! Was kommt dich Böse an,
Daß du mir nehmen willst, mir vorenthalten,
Was Rechtens mein!! Du Unersättliche!
Daß du, sei's nun durch Zufall oder Lust,
Doch unverdient gewiß, die Seine warst
Ist das nicht Glück genug? Willst du noch mehr?
Anina: Ich war die Seine nicht.
Wer denn als du?
Flaminia:
Anina: Viel eher du.
Für ihn, doch nicht für mich.
Flaminia:
Anina: Er weiß nicht, daß ich’s war, so war ich's nicht.
Flaminia: Ich war's nicht, denn ich weiß, daß ich’s nicht war.
Anina: So hätten beide wir ein Recht an ihn.
(Zögernd)
Und wer das beßre hat, soll er entscheiden.
Flaminia: Nun ward sie völlig toll! Er soll entscheiden!!
Als hätt' er's gestern abend nicht getan,
Und wählte mich
Da stand ich nicht zur Wahl.
Anina:
In dieser Nacht ist vieles anders worden.
Für ihn — für dich — fur mich. Nun wähl' er neu
Nein doch, zum erstenmal! — Komm, laß uns gehn.
Flaminia: Mit dir — zu ihm —?
Daß wir aus seiner Hand,
Anina:
Wie's immer falle, unser Los empfangen.
Gemeinsam gehn wir, eine kehrt zurück.
Flaminia: Das wär' ein ungleich Spiel, du Höchstgerechte.
Erst wenn auch ich ihm eine Nacht geschenkt,
Ward unser Anspruch gleich, dann darf er wählen.
Doch früher nicht. Ist dies nicht edel g'nug?
Ich will noch edler sein. Anina, höre:
Du sollst ihn nur für eine Nacht mir lassen,
Die Schwestern
Für eine Nacht, doch ohne Wahl. Und morgen
bring' ich auf Eid ihn selber dir zurück.
Du magst ihn dann für ewig dir behalten.
Verlangst du mehr? — Hier meine Perlenschnur
(Auf eine Gebärde der Anina:)
Ein Freundschaftszeichen nur, nicht etwa Lohn.
Läßt du allein mich gehn, so ist es dein.
Nenn's Laune, wenn du willst, Besessenheit,
Noch gestern hätt’ ich für den Venezianer
So wenig als für einen andern Mann
Die letzte dieser Perlen hingegeben.
Nur eben heut und weil ich grade will
Anina: Als wär' er mir um tausend Perlen feil.
Flaminia: Zu deinen Füßen denn.
(Sie stürzt vor ihr nieder.)
Anina: Was fällt dir ein?
Flaminia: Ein letztes Mal, laß dich beschwören, Kind.
Du kennst mich nicht. So sanft und gut ich scheine,
Wer störrisch meinen Bitten sich versagt
Anina (sich von ihr losreißend): Ich tu's.
Flaminia (plöslich auf und in höchster Erbitterung): Dann Gnade Gott uns beiden.
Vor allem dir und deinem sanften Aug’.
Und da die finstre Nacht dir hold gesinnt,
Sei ewig sie um dich. Mit dieser Nadel
(Sie hat einen Pfeil aus ihrem Haar gezogen und will Anna damit ins Auge fahren.)
Andrea (tritt jezt zwischen sie, nimmt zuerst Flaminia, dann Anina bei der Hand, die er vor-
läufig nicht losläht. Sie stehen also alle drei in einer Reibe, den Blick gegen links gewandt, in dem
Augenblick, wie sich die Tür links öffnet und Santis hereintritt).
Anina — Flaminia — Andrea — Santis
Santis (etwas betrunken, noch in der Tür): Flaminia! — Dacht' ich's doch!
(Weiter binein.) Ich darf wohl auch
Fertig gemacht! Gleich sind die Gäste da!
Ist man auch schön genug —? Es mag sich lohnen.
Ein feiner Herr, mein Lord — wird neunzehn eben,
Sieht dem Adonis gleich und sanft wie Bacchus.
Wir sind auf du und du. In Barren schleppt er
Das Gold mit sich. Wer wird den Bissen schnappen
Blond oder braun? (Zu Andrea)
Wenn wir nicht das Geschäft
Auf halbpart machen. — Wie, Herr Philosoph?
Denn so ein Lord erscheint nicht alle Tage.
Auch wirft schon Holland seine Netze aus
Flaminia: Die Witwe?
Ja. Trotz ihrer Neununddreißig.
Santis:
Nicht Männer mein' ich, Jahre neununddreißig.