Arthur Schnitzler
Vierzig vielleicht, doch frisch, und gut gebaut,
Sie zechte mit, sprach englisch mit dem Lord;
Und wenn mir recht ist, unterm Tisch französisch.
Die nehmen wir auf uns, Herr Bassi, wie?
Flaminia: Es kommen wohl noch andere Gäste, denk' ich.
Santis: Das Fräulein aus Lyon nebst Frau Mama.
— Die Mutter ist die jüngre, kommt mir vor
Ein Fabrikant aus Lüttich, kahl, doch reich,
Und
(Jetzt erst bemerkt er, wie die drei andern dastehen: Andrea zwischen Anna und Flaminia, beide an der
Hand haltend.)
Wie —?! Wird hier ein Menuett geübt?
Doch nein, dies ist kein Tanz. Was geht hier vor?
Flaminia: So lassen Sie die Hand mir endlich frei.
Santis: Es riecht nach Zank! Was gibt's? Die Weiber — wie?
Warum? Am mich —? (Zu Andrea) Um Sie —? (acht) Ich will nicht hoffen.
Andrea: Kein Zank, Baron, das Wort erschiene grob.
Ein Zwist, kaum das. Ein kleiner Unterschied
Der Meinungen — bezüglich eines Falls
Nein, keines Falls, der sich begeben hätte,
Ein philosoph'scher Streit gewissermaßen.
Auch philosophisch kaum
Santis:
Das denk' ich mir.
Andrea (wie mit einem plöblichen Einfang: Und kann ihn einer schlichten, so sind Sie's
Santis: Wie? — ich?
Andrea:
Ja, grade Sie. Und mit Verlaub
Bericht' ich, meine Damen, knapp gefaßt
Den Anfang der Geschichte noch einmal,
Daß der Baron den Knoten uns entwirre.
Santis (etwas mißtrauisch und unsicher):
Vertrieb man sich die Zeit hier mit Geschichten?
Andrea (rasch):
Auch meinen Teil zum Feste beizutragen,
War ich gesonnen, unserm werten Kreis
Mit einer lust'gen Fabel aufzuwarten.
Zur Probe, wie sie wirken mag, trug ich
Sie eben vor — und da die Lösung schwierig,
Hatt' ich den Einfall, statt den eignen Geist,
Der holden Damen Scharfsinn. zu bemühn.
Doch wie sich leider weist, nicht zart entwirrt,
Nein, wild zerknäult ist nun mein armer Faden.
Drum eh' ich, den mit Kunst ich aufgerollt,
In ärgerlicher Angeduld zerreiße,
42
Die Schwestern
Versuchen Sie Ihr Glück, Baron, und schlingen
Den launenhaft verwirrten Knoten auf.
Santis: Den Knoten auf —? Begreife das, wer mag!
Andrea: Sie werden gleich. Und so, wie Sie entscheiden
Wir fügen uns darein.
Das tun wir.
Flaminia:
Anina:
Andrea: Und mit dem Schluß, den Sie der Fabel finden,
Trag' ich sie Ihren werten Gästen vor.
Santis: Mit meinem Schluß?! Ein Dichter ich? Das wäre —
Andrea: Nicht großer Kunst bedarf's, nur eines Worts.
Ein Ja, ein Nein.
Nur eines Worts?
Santis:
Nicht mehr. (Bastig)
Andrea:
Und rasch beginn' ich, eh die Gäste kommen.
Zwei Schwestern — war's nicht so?
Zwei Schwestern?
Flaminia:
Anina (bestimmt):
Andrea: Jung beide, beide schön und wohlgesittet
Santis: Auch wohlgesittet? Nun, man wird ja sehen.
Andrea: Sehr ähnlich von Gestalt, nicht so von Antlitz
Santis: Doch von Gestalt! Ich wittre was. Nur weiter
Andrea: Die Jüngre ist verlobt — die Ältre frei
Santis: Mit wem verlobt?
Gleichviel, ich kürze ab.
Andrea (ärgerlich):
Die Ältre also
Die noch nicht verlobt
Santis:
Andrea: Die frei ist, ja doch.
Und wie alt?
Santis:
Kaum neunzehn.
Andrea:
Santis: Just wie mein Lord.
Der nicht hierhergehört.
Andrea:
Santis (lachend): Ich lud ihn ein.
Doch nicht in die Novelle.
Andrea:
Santis: Ich höre zu
Doch stumm, ich bitte.
Andrea:
Gern.
Santis:
Andrea (rasch): Da stellt sich eines Tags ein Jüngling ein,
In den die Ältre zärtlich sich verliebt
Wie er in sie; doch da man streng sie hütet —
Santis: Wer hütet sie?
Die Mutter ohne Zweifel.
Andrea:
Der Vater ist längst tot.
Vierzig vielleicht, doch frisch, und gut gebaut,
Sie zechte mit, sprach englisch mit dem Lord;
Und wenn mir recht ist, unterm Tisch französisch.
Die nehmen wir auf uns, Herr Bassi, wie?
Flaminia: Es kommen wohl noch andere Gäste, denk' ich.
Santis: Das Fräulein aus Lyon nebst Frau Mama.
— Die Mutter ist die jüngre, kommt mir vor
Ein Fabrikant aus Lüttich, kahl, doch reich,
Und
(Jetzt erst bemerkt er, wie die drei andern dastehen: Andrea zwischen Anna und Flaminia, beide an der
Hand haltend.)
Wie —?! Wird hier ein Menuett geübt?
Doch nein, dies ist kein Tanz. Was geht hier vor?
Flaminia: So lassen Sie die Hand mir endlich frei.
Santis: Es riecht nach Zank! Was gibt's? Die Weiber — wie?
Warum? Am mich —? (Zu Andrea) Um Sie —? (acht) Ich will nicht hoffen.
Andrea: Kein Zank, Baron, das Wort erschiene grob.
Ein Zwist, kaum das. Ein kleiner Unterschied
Der Meinungen — bezüglich eines Falls
Nein, keines Falls, der sich begeben hätte,
Ein philosoph'scher Streit gewissermaßen.
Auch philosophisch kaum
Santis:
Das denk' ich mir.
Andrea (wie mit einem plöblichen Einfang: Und kann ihn einer schlichten, so sind Sie's
Santis: Wie? — ich?
Andrea:
Ja, grade Sie. Und mit Verlaub
Bericht' ich, meine Damen, knapp gefaßt
Den Anfang der Geschichte noch einmal,
Daß der Baron den Knoten uns entwirre.
Santis (etwas mißtrauisch und unsicher):
Vertrieb man sich die Zeit hier mit Geschichten?
Andrea (rasch):
Auch meinen Teil zum Feste beizutragen,
War ich gesonnen, unserm werten Kreis
Mit einer lust'gen Fabel aufzuwarten.
Zur Probe, wie sie wirken mag, trug ich
Sie eben vor — und da die Lösung schwierig,
Hatt' ich den Einfall, statt den eignen Geist,
Der holden Damen Scharfsinn. zu bemühn.
Doch wie sich leider weist, nicht zart entwirrt,
Nein, wild zerknäult ist nun mein armer Faden.
Drum eh' ich, den mit Kunst ich aufgerollt,
In ärgerlicher Angeduld zerreiße,
42
Die Schwestern
Versuchen Sie Ihr Glück, Baron, und schlingen
Den launenhaft verwirrten Knoten auf.
Santis: Den Knoten auf —? Begreife das, wer mag!
Andrea: Sie werden gleich. Und so, wie Sie entscheiden
Wir fügen uns darein.
Das tun wir.
Flaminia:
Anina:
Andrea: Und mit dem Schluß, den Sie der Fabel finden,
Trag' ich sie Ihren werten Gästen vor.
Santis: Mit meinem Schluß?! Ein Dichter ich? Das wäre —
Andrea: Nicht großer Kunst bedarf's, nur eines Worts.
Ein Ja, ein Nein.
Nur eines Worts?
Santis:
Nicht mehr. (Bastig)
Andrea:
Und rasch beginn' ich, eh die Gäste kommen.
Zwei Schwestern — war's nicht so?
Zwei Schwestern?
Flaminia:
Anina (bestimmt):
Andrea: Jung beide, beide schön und wohlgesittet
Santis: Auch wohlgesittet? Nun, man wird ja sehen.
Andrea: Sehr ähnlich von Gestalt, nicht so von Antlitz
Santis: Doch von Gestalt! Ich wittre was. Nur weiter
Andrea: Die Jüngre ist verlobt — die Ältre frei
Santis: Mit wem verlobt?
Gleichviel, ich kürze ab.
Andrea (ärgerlich):
Die Ältre also
Die noch nicht verlobt
Santis:
Andrea: Die frei ist, ja doch.
Und wie alt?
Santis:
Kaum neunzehn.
Andrea:
Santis: Just wie mein Lord.
Der nicht hierhergehört.
Andrea:
Santis (lachend): Ich lud ihn ein.
Doch nicht in die Novelle.
Andrea:
Santis: Ich höre zu
Doch stumm, ich bitte.
Andrea:
Gern.
Santis:
Andrea (rasch): Da stellt sich eines Tags ein Jüngling ein,
In den die Ältre zärtlich sich verliebt
Wie er in sie; doch da man streng sie hütet —
Santis: Wer hütet sie?
Die Mutter ohne Zweifel.
Andrea:
Der Vater ist längst tot.