A107: Die Schwestern oder Casanova in Spa. Lustspiel in Versen (Eifersucht, Die Wiederkehr, Spion), Seite 64

Arthur Schnitzler
Sechstausend Gulden Gage. Erste Rolle,
Im König Rhampsinit die Sklavin.
Zweite
Gudar:
Ich wett’, im Alexander die Royane.
Teessa: Vielleicht die Ariadne; je nachdem.
Gudar: Wie göttlich tanzten beide Sie in Nom!
Casanova: Und denkst, ich reise gleich mit dir nach Wien?
Teessa: Du sehnst dich lange hin. Nie gab es bessre
Gelegenheit.
Gudar: Nie holdere Gesellschaft.
Teresa: Und Frau'n gibt's dort
Und Männer
Casanova (lachend):
Gott sei Dank!
Teessa (ebenso) :
Casanova: So laß dir's wohl ergehn. Was mich betrifft
Man wartet anderswo auf mich. In Brüssel,
In Petersburg, Madrid
Drum wählt du Wien
Teresa:
Casanova: Und wollt' ich auch, ich könnte gar nicht fort.
Manch dringendes Geschäft hält mich zurück
(Zu Santis)
Nicht wahr, Baron?
Santis: Wieso? Mich meinen Sie?
Wenn es nur das ist, reisen Sie mit Gott.
Ich weiß nichts mehr davon. Hier meine Hand
Casanova: Und hier die meine.
Teessa (glaubt zu begreifen): Wie, Flaminia, Sie?
Ich dacht' mir's gleich. Der wilde rote Mund —
Die himmlische Figur — wie gut versteh' ich's.
(Sie seufzt, dann umarmt sie Flaminia stürmisch.)
Gudar (applaudiert).
Teesa: Nun aber, Casanova, laß uns reisen.
Casanova: Noch einen seh' ich, der vielleicht die Abfahrt
Mir wehren könnte —
Wer kann wem was wehren?
Andrea (vitter).
(Steckt den Degen ein.)
Santis: So spricht ein Philosoph
Wohlfeiler Spott
Andrea:
Santis: Sie nannten Tropf mich, also sind wir quitt.
Casanova: Andrea, Ihre Hand.
Andrea (reicht sie ihm): Glück auf die Reise!
Teresa (zu Antna): Auch Sie, mein schönes Kind? Nun ja, wer kann
Ihm widerstehn. Wie war Ihr Name doch?
Gudar (antwortet für Anina): Anina.
Die Schwestern
Teesa: Held und unschuldsvoll. Wie konnt
Es anders sein. Anina — an mein Herz!
(Sie umarmt sie stürmisch.)
Tito (kommt rasch herein): Verzeihung
Casanova: Suchst du wen?
Was will der Bursch?
Santis:
Tito: Mein Auftrag geht an die berühmte Tänzerin Teresa aus Neapel.
Teesa: An mich?
Was willst du von Teresa?
Casanova:
Tito (verbeugt sich tief vor Terefa): O, ich dachte mir’s gleich.
Teesa: Was willst du?
Sprich
Casanova:
Es ist nur für die Dame.
Tito:
Casanova: Hier gibt es kein Geheimnis
Rede nur!
Teresa:
Casanova: Nun, wird’s?
Tito: Doch bitt' ich, keineswegs mich entgelten zu lassen, wenn es den
Herrschaften irgendwie unangenehm sein sollte.
Casanova: Rasch, ohne Vorwort, wer fragt nach Teresa?
Ein Herr?
(Zu Teresa)
Darum die Eile? Ein Verfolger?
(Zu Tito)
Nun, Tito, sprich! Ein Herr? Ein junger Herr?
Tito: Nein, zwei.
Casanova: Wie? Zwei?
Tito: Aber sie gehören nicht zusammen.
Teesa: Nun also
Tito: Sie kamen fast in der gleichen Minute an, jeder in einer andern
Kutsche, und beide fragten mich, ob in diesem Gasthof nicht die berühmte
Tänzerin Teresa abgestiegen sei. Jeder insgeheim. Einer weiß nichts vom
andern. Sie kennen sich wohl nicht einmal
Gudar: Wie sollten sie, wenn Rhampsinit der eine,
Der andre gar der große Alexander
Wo hätten sich die zwei begegnen sollen?
Tito: Sie haben ihre Namen nicht genannt. Vielleicht heißen sie so,
aber ich könnte nichts Bestimmtes sagen.
Teesa: Ich kenn’ sie nicht, man jage sie zum Teufel.
Casanova: Du kennst sie nicht?
Und wer sie immer seien —
Teresa:
Ich kenne sie nicht mehr.
Casanova (zu Tito): Wo sind die Herren?
Tito: Wohlversorgt bis auf weiteres. Da sie mir beide sehr aufgeregt
schienen, und man ja nie wissen kann, was solche aufgeregte Leute im Schilbe