A128: Im Spiel der Sommerlüfte. In drei Aufzügen, Seite 23

an sagt, der Lerche Harmonie sei süßt
Nicht diese: sie zerreißt die unsre ja.
Stets hell und heller wird’s, wir müssen scheiden.“
EDUARD. „Hell? dunkler stets und dunkler unsre
Leiden.“ Und jetzt kommt die Amme. Mit etwas karikiert
weiblicher Stimme. „Fräulein!“
GUSTI als Julie. „Amme?“ Lach’ nicht so dumm.
EDUARD wieder ernst, liest.
„Die gnäd'ge Gräfin kommt in Eure Kammer.
Seid auf der Hut, schon regt man sich im Haus.
Spricht. Ab. Wendet sich um.
GUSTI mit Geste, als wenn sie ein Fenster öffnete.
„Tag, schein herein! Und Leben, flieh hinaus!“
EDUARD. Jetzt bin ich wieder der Romeo!
„Ich steig’ hinab, laß dich noch einmal küssen!“
Will sie umarmen.
GUSTI stößt ihn fort.
EDUARD. Was willst denn? Das gehört doch zur
Rolle.
GUSTI. Auf den Proben wird nur markiert.
EDUARD. Und von irgendeinem ganz fremden
Menschen in Innsbruck wirst du dich doch abbusseln
GUSTI. Ja, das kommt immer noch früh genug.
lassen.
Also weiter. In der Rolle.
„Freund! Gatte! Trauter! Bist du mir entrissen?
Gib Nachricht jeden Tag mir in der Stunde;
Schon die Minut' enthält der Tage viel.
Ach, so zu rechnen bin ich hoch in Jahren,
Eh' meinen Romeo ich wiederseh’.
EDUARD sich ein paar Schritte entfernend.
„Leb’ wohl! Kein Mittel laß ich aus den Händen,
Um dir, du Liebe, meinen Gruß zu senden.“
Läuft zum Zaun, schwingt sich darüber.
GUSTI ruft ibm nach. Eduard! Jetzt mußt du ja noch
die Gräfin Capulet machen, meine Mutter.
EDUARD ist verschwunden.
Fischer-Verlag, Berlin
Im Spiel der Sommerlüfte
1. Fahnenkorr. am 19. 8. 29
hisches Institut, Leipsig