A139: Casanovas Heimfahrt, Seite 35

lia! Was sind es für Bücher, diese liest? Gewiss sind auch solch
darunter, die die Kirche verboten hat. Lass sie mich sehen. Ich
will eine Liste zusammenstellen. Ein Wort von mir...“ - „Schwei-
ge, Casanova! Dort kommt sie. Verrate dich nicht 1 Nimm deine
Augen in Acht! Nie, Casanova nie, höre wohl, was ich sage, nie hab
ich ein reineres Wesen gekannt. Ahnte sie, was ich eben habe hö-
ren müssen, sie erschiene sich wie beschmutzt; und du würdest
sie, so langdu hier bist, mit keinem Blick mehr zu sehen bekommen.
Sprich mit ihr. Ja, sprich mit Ihr - du wirst sie,du wirst
m ich um Verzeihung bitten."
Marcolina, mit den Kindern.kam heran; diese liefen an
G.H.F.P.
ihr vorbei ins Haus, sie selber aber, wie um dem Gast eine Höf-
lichkeit zu erweisen, blieb vor ihm stehen, während Amalia, wie mit
Absicht, sich entfernte. Und nun war es Casanova in der Tat, als
wehte es ihm von diesen blassen, halb geöffneten Lippen, dieser
glatten, von dunkelblondem, nun aufgestecktem Haar umrahmten Stirn
wie ein Hauch von Herbheit und Keuschheit entgegen;- was er
selten einer Frau, was er auch ihr gegenüber früher im geschlos-
senen Raum nicht verspürt - eine Art von Andacht, von Hingegeben
heit, ohne jedes Verlangen floss durch seine Seele. Und mit An-
stand, ja in einem Ton von Ehrerbietung, wie man sie Höhergebore-
nen gegenüber an den Tag zu legen liebt und der ihr schmeicheln
musste, stellte er die Frage an sie, ob sie die kommenden Abend-
stunden wieder dem Studium zu widnen beabsichtige. Sie erwider-