A20: Flucht in die Finsternis (Der Verfolgte, Wahnsinn), Seite 76

62
Robert berichtete, dass er beinahe die ganzen Tage im
Freien herumgelaufen sei und liess die Damen Kostner unerwähnt.
Er habe sich im Gansen recht wohl gefühlt, nur ausnehmend viel
geträumt, die ganzen Nächte durch, tolles Zeug, wahrhaftig! Leinbach
zuckte die Achseln. Was und wieviel Robert auch geträumt haben
mochte, was war das gegen seine eigenen Träume? Er erlebte Jahre,
Jahrzehnte im Schlaf. Einmal, noch als Gymnasiast, hatte er in ei-
ner Morgenstunde vor dem Erwachen den ganzen dreissigjährigen
Krieg durchgemacht. „Aber doch nicht sehr ausführlich?“ erkundig
te sich Robert lächeInd,-sondern nur den kleinen Plötz nehm ich
an?" - „Immerhin“,erwiderte Leinbach ernsthaft, „von 1616 bis
3A4
1648."
Sie schritten einen Waldpfad bergan. „In früheren
Jahren", sagte Leinbach, „pflegte meine Frau mich auf solchen Som-
tagsausflügen zu begleiten. Jetzt, nach den vier Kindern, hat sie
es aufgegeben, lässt mich meine Touren allein machen und widmet
sich der Häuslichkeit - oder was sie sonst treiben mag.“ Robert
blieb stumm. Er fand die Bemerkung seines Freundes ebenso geschmack-
los als lächerlich, da er Frau Leinbach als ein höchst hausbacke-
nes, braves und völlig anmutloses Wesen konnte; - wie sich Lein-
bach denn überhaupt gehütet hätte ein Wesen anderer Art zur Ehe
zu nehmen, da ihm seelische Unbequemlichkeiten noch weit verhass-
ernden
Onderbar zu
ter waren als körperlichs.
Als sie dann, immer höher schreitend, unter einer wahr-
von
haft sommerlichen Mittagssonne eine Bergwiese durch-
querten, gab dies Leinbach Anlass zu einem Verglesch mit den trü-