(copy made by
Heinrich Schmitzler
Carnevalsilhouetten
von
2-111-1932
Arthur Schnitzler
1881
Was wohl unsere jungen Mädchen dazu sagten, wenn wir mit einem
Nale zurückversetzt wären in die Zeit des grauen Altertums, wo man
gemächlich auf weichen Polstern ruhte und süssen Wein schlürfte, während
zu behaglicher Augenweide Sklaven und Sklavinnen tanzten. Ich glaube
sie überliessen den Sklavinnen gern den süssen Wein und die weichen
Polster und nähmen sieh- das holde Vergnügen des Drehens und Schwebens
zu eigen,- besonders wenn sich die geeigneten Sklaven fänden.-
Ein Ball
Jubelnde Musik, Rauschen von seidenen Kleidern, Ineinanderflies
sen der verschiedensten duftenden Wohlgerüche, rasch hinfliehende Paare
ein schimmerndes Lichtmeer voll Freude, Leben und Freiheit!
O es ist ein seltsames Spiel, dass diese Freiheit treibt.- Ich
kenne einen jungen Mann, der während eines Soupers, dem ein Tanz folger
sollte, an der Seite einer hübschen Frau sass und sich erlaubte, unter
dem Vorwande, ihr ein Glas Wein hinüberzureichen, ihre reizendes Händchen
zu drücken – sie hat ein rezendes Händchen, wie mir der junge Mann er-
zählte - und sie warf ihm nach diesem Händedruck einen Blick zu - oh, es
war ein vernichtender Blick, so vernichtend, wie ihn eben nur so dunkle,
feurige Augen zu schleudern vermögen, wie sie die junge Frau besitzt - und
sie hat schöne Augen, so hat mir wenigstens der junge Mann gesagt.- Nun
kam es zum Tanze. Er forderte sie auf - er umfasste ihre Taille und
nahm ihre rechte Hand. Halten Sie mich doch fester - Sie lassen ja meine
Hand los, flüsterte die Dame – und das war ja ganz natürlich, denn beim
Tanzen ist es ja bon façon und wenn er sie nicht gleich festgehalten hät-
te, so hätte ihn wohl ein zweiter vernichtender Blick getroffen.- Und
sie hat: so schöne Augen! -
Bon façon! Die sogenannte gute Sitte hüpft mit einer lustigen
Schellenkappe auf dem kahlen Kopf durch den glänzenden Saal und lach
sich ins Fäustchen, wenn sie eine junge Frau sieht, die mit Erlaubnis
ihres Mannes, ein Mädchen, das mit Erlaubnis ihrer Eltern sich an die
Brust des Tänzers schwiegt und ihr en them mit den seinen vermählt. Die
"Gesellschaft" gibt der Heuchelei Ferien, solange die Convenienz es ge-
stattet. Aber es wäre nicht bon façon, weiter darüber zu plaudern. Lasser
vir uns lieber mitreissen von den trunkenen Wogen und tauchen wir unter
ein holdes Frauenbild in den Armen.
Heinrich Schmitzler
Carnevalsilhouetten
von
2-111-1932
Arthur Schnitzler
1881
Was wohl unsere jungen Mädchen dazu sagten, wenn wir mit einem
Nale zurückversetzt wären in die Zeit des grauen Altertums, wo man
gemächlich auf weichen Polstern ruhte und süssen Wein schlürfte, während
zu behaglicher Augenweide Sklaven und Sklavinnen tanzten. Ich glaube
sie überliessen den Sklavinnen gern den süssen Wein und die weichen
Polster und nähmen sieh- das holde Vergnügen des Drehens und Schwebens
zu eigen,- besonders wenn sich die geeigneten Sklaven fänden.-
Ein Ball
Jubelnde Musik, Rauschen von seidenen Kleidern, Ineinanderflies
sen der verschiedensten duftenden Wohlgerüche, rasch hinfliehende Paare
ein schimmerndes Lichtmeer voll Freude, Leben und Freiheit!
O es ist ein seltsames Spiel, dass diese Freiheit treibt.- Ich
kenne einen jungen Mann, der während eines Soupers, dem ein Tanz folger
sollte, an der Seite einer hübschen Frau sass und sich erlaubte, unter
dem Vorwande, ihr ein Glas Wein hinüberzureichen, ihre reizendes Händchen
zu drücken – sie hat ein rezendes Händchen, wie mir der junge Mann er-
zählte - und sie warf ihm nach diesem Händedruck einen Blick zu - oh, es
war ein vernichtender Blick, so vernichtend, wie ihn eben nur so dunkle,
feurige Augen zu schleudern vermögen, wie sie die junge Frau besitzt - und
sie hat schöne Augen, so hat mir wenigstens der junge Mann gesagt.- Nun
kam es zum Tanze. Er forderte sie auf - er umfasste ihre Taille und
nahm ihre rechte Hand. Halten Sie mich doch fester - Sie lassen ja meine
Hand los, flüsterte die Dame – und das war ja ganz natürlich, denn beim
Tanzen ist es ja bon façon und wenn er sie nicht gleich festgehalten hät-
te, so hätte ihn wohl ein zweiter vernichtender Blick getroffen.- Und
sie hat: so schöne Augen! -
Bon façon! Die sogenannte gute Sitte hüpft mit einer lustigen
Schellenkappe auf dem kahlen Kopf durch den glänzenden Saal und lach
sich ins Fäustchen, wenn sie eine junge Frau sieht, die mit Erlaubnis
ihres Mannes, ein Mädchen, das mit Erlaubnis ihrer Eltern sich an die
Brust des Tänzers schwiegt und ihr en them mit den seinen vermählt. Die
"Gesellschaft" gibt der Heuchelei Ferien, solange die Convenienz es ge-
stattet. Aber es wäre nicht bon façon, weiter darüber zu plaudern. Lasser
vir uns lieber mitreissen von den trunkenen Wogen und tauchen wir unter
ein holdes Frauenbild in den Armen.