A20: Flucht in die Finsternis (Der Verfolgte, Wahnsinn), Seite 52

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Rolf
im Freien herumgelaufen sei und liess die Damen Kostner-uner-
wähnt. Er habe sich im Ganzen recht wohl gefühlt, nur ausnehmend
viel geträumt,die ganzen Nächte durch, tolles Zeug, wahrhaftig!
Leinbach zuckte die Achseln. Was und wieviel Robert auch geträumt
haben mochte, was war das gegen seine eigenen Träume? Er erlebte
Jahre, Jahrzehnte im Schlaf. Einmal, noch als Gymnasiast, hatte
er in einer Morgenstunde vor dem Erwachen den ganze dreissigjäh-
rigen Krieg durchgemacht. "Aber doch nicht sehr ausführlich?“
erkundigte sich Robert lächelnd,-“sondern nur den kleinen Plötz
nehm ich an?“ - „Immerhin“,erwiederte Leinbach ernsthaft,“ven
1618 bis 1648."
Sie schritten einen Waldpfad bergan. "In früheren Jah-
ren“, sagte Leinbach, ”pflegte meine Frau mich auf solchen Sonntags-
ausflügen zu begleiten. Jetzt, nach den vier Kindern,hat sie es
aufgegeben, lässt mich meine Touren allein machen und widmet sich
der Häuslichkeit,-oder was sie sonst treiben mag." Robert blieb
stumm. Er fand die Bemerkung seines Freundes obenso geschmacklos
als lächerlich, da er Frau Leinbach als ein höchst hausbackenes,
braves und völlig anmutloses Wesen kannte;- wie sich Leinbach
denn überhaupt gehütet hätte ein Wesen anderer Art zur Ehe zu
nehnen, da ihn seelische Unbequemlichkeiten noch weit Verhasater
waren als körperliche.
Als sie dann, immer höher schreitend, unter einer wahr-
haft sommerlichen Mittagssonne eine Bergwiese durchquerten, gab
dies Leinbach Anlass zu einem Vergleich mit den trügerischen
Sonnerstunden menschlicher Herbsttage, von denen kluge Leute
sich nicht fürften betrügenkassen. "Warum trügerisch!“ mein