A20: Flucht in die Finsternis (Der Verfolgte, Wahnsinn), Seite 79

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auch die unruhvollen Gedanken allmählich ihre Macht über ihn, und
manchmal unter einem nach allen Seiten aufgehellten Kimmel glaub-
te er sich unbedenklich der Zukunft entgegenfreuen zu dürfen.
Doch in einer Nacht, nach einem geselligen Abend im Hau-
se seines Bruders, geschah es ihm nach geraumer Zeit zum ersten
male wieder, dass kein Schlaf über ihn kommen wollte. Viertelstun-
de auf Viertelstunde hörte er vom Kirchturm schlagen, und er dach-
te nach, ob ihm nicht im Laufe des verflossenen Abends etwas Unan-
genehmes oder Peinliches begegnet wäre. Doch anfangs suchte er
vergeblich nach der mutmasslichen Ursache seine? steigenden Un-
behaglichkeit. Der Abend war ungetrübt verlaufen. Robert und pau-
la als erklärtes Brautpaar hatten von allen Seiten unfeierlich-
warme Glückwünsche entgegengenommen; es war ein wenig mustitiert
worden, endlich bei Kaffee und Zigarre hatte man in zwanglos-wech-
selnden Gruppen geplaudert. Ein engerer Fachkollege Ottos hatte
in ein
Robert anscheinend harmloses Gespräch gezogen und dieser erinner-
te sich, dass er dem Professor in irgend einem Augenblick für
dessen
seine Zigarre Feuer gegeben und dass ihm bei dieser Ge-
legenheit das Streichhölschen aus der Hand geglitten war. Offen-
bar hatte seine Hand ein wenig gezittert. Nun wurde ihm auch der
eigentümliche prüfende Blick gegenwärtig, den der Professor bei
diesem Anlass auf ihn gerichtet hatte. Robert war sich auch be-
wuset sehr rasch geredet und sich ein paar Mal versprochen zu
haben, wie es ihm nach zwei oder drei Glas Wein leicht begegnete.
Es war gewiss nicht underabardass einen ärztlichen Beobachter
alle diese Nichtigkeiten und überhaupt eine gewisse Veränderung
in seinem Wesen und in seinen Zügen, vor allen die unlengbare,
immer noch vorhandene Ungleichheit der Lidspalten, aufgefallen