A20: Flucht in die Finsternis (Der Verfolgte, Wahnsinn), Seite 111

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versenkte er sich in Nachrichten von nah und fern, die ihm so
gleichgültig waren, dass er bald über ihnen einschlummerte.
Als er wieder zu sich kam, glitt der Zug durch ein
enges Felsental. Der Flockenfall hatte aufgehört und von dem star¬
ren Schnee, der auf den sanfteren Hängen und über dem Nadelholz
liegen geblieben war, zeigte der Abend sich wunderbar erhellt.
Bald traten die Felsen so eng zusammen, dass das Brausen der Ache
aus der Tiefe vielfach verstärkt heraufdrang. Dort, wo die Berge
zurücktraten, war ausgestirnt und der blaue Winterhimus 1 Weitge-
spannt zu erschauen. Als der Zug ein paar Minuten in einer Sta-
tion hielt, öffnete Robert das Fenster. Die Luft war kalt und er-
frischend, die Stille tröstlich und gut. Die Seltsamkeit seiner
Reise kam Robert zu Bewusstsein. Ob es xxx Ende wirklich nur ei-
ne Reise war? Ob das, was er als Flucht geplant und unternommen,
nicht bestimmt sein konnte, als Vergnügungsfahrt zu enden? Ein
letztes Mal regte sich die Hoffnung in ihm, dass er sich xxx
vielleicht doch getäuscht hätte, dass sein Bruder nicht wahnsinnig
war,dass alles gut enden werde, dass er selbst in die Lage kommen
könnte Paula gegenüber seine Geschichte von dem eifersüchtigen
Amerikaner als ein Märchen auszugeben, zu dem Zweck erdacht, um
einer
der Geliebten die Zustimmung zu der vorzeitigen Hochzeitsreise
zu entlocken. Doch das dauerte nicht lang. Eine so trügerische
Beruhigung, die ihm gewiss nur aus einer Erschlaffung seiner Ner-
ven kam, war er verpflichtet abzuweisen, da sie doch nur eine neue
Gefahr bedeutete. Er erinnerte sich des heutigen Morgens, des letz-
ten Blicks aus den Augen seines Bruders und er wusste, dass er
sich auf einer Flucht befand.
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