A20: Flucht in die Finsternis (Der Verfolgte, Wahnsinn), Seite 114

G.H.P.
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begegnete nur wenigen, meist bäuerisch gekleideten Menschen. In
der Alleam Fluss auf einer Bank sass der Kälte nicht acht end in
enger Umschlingung ein junges Paar. Und jetzt erst, mit fliegen-
der Glut, kam ihm zu Bewusst sein, dass er die Geliebte erwartete.
In einer Stunde wird sie da sein, sagte er sich, und es ist mir
bis zu diesem Augenblick nicht recht zu Bewusstsein gekommen.
Wie wird alles licht sein, wenn ich sie wieder habe. Seit ich heu-
te Mittag von ihr Abschied nahm,ist doch alles wie ein Traum ge-
wesen,- mein ganzes Leben habe ich indess xxxxkxxxmmt durchge-
träumt, und darum scheint es mir auch so unendlich lange her, dass ich
Paula verlassen habe, länger fast als seit dem Tag,an dem ich hier
in dieser selben Allee mit Alberta spazieren ging.
Er überschritt die Brücke und bald darauf wandelte er
auf dem Perron längs der Geleise auf und ab. Weit hinaus ins pun-
kel liefen die schwarzen schnurgeraden Schienen ihre weisse Bahn.
Der Stationschef ging vorbei und grüsste höflich. Irgendwohar
kam ein Ton wie von singenden Drähten. Ganz nahe streckten die
Felsen sich ins Blau der Nacht. Velch ein Friede hier, dachte Ro-
bert. Am Ende kann doch noch alles gut werden? Ob in einem sol-
chen Frieden nicht auch Otto genesen könnte? Er muss wieder ge-
sund werden! Er muss! Hätte ich selber denn noch eine ruhige Stun-
de, ja vermöchte ich weiter zu atmen, wenn er nicht wieder gesund
würde? Und er wusete, dass kein Mensch auf Erden lebte, der ihm teu-
erer war als Otto,-fühlte wieder einmal,dass es kein Verhältnis
von so innerster, naturgewollter Beständigkeit gab, als das von
Bruder zu Bruder, dass es tiefer mit den Wurzeln alles Seins ver-
schlungen war, als das zu Eltern, Kindern und Geliebten; und er
war entschlossen, des Verhängnisses Herr zu werden, das diese ge-