A20: Flucht in die Finsternis (Der Verfolgte, Wahnsinn), Seite 122

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Gesetze erlaubt, ja geboten war.In der Rocktasche spannte er vor-
sichtig den Hahn seiner Waffe und während der Bruder ihm am Halse
hing,setzte er ihre Mündung an Ottos Brust, der jetzt erst merkte,
was sich vorbereitete. Aber im Augenblick,da er erkannte,was im
Werk war, nach dem Lauf der Waffe greifen, zurückweichen und rufen
wollte,war ihm die Kugel mitten ins Herz gedrungen und er stank
lautlos auf den Boden hin.
Robert aber, noch nicht zum Bewusstsein seiner Tat ge-
langt, nur erst in der Ähnung des Grauenhaften, Unwiderruflichen,
das geschehen war, und in einer dumpfen Angst noch hier an Ort
und Stelle zu erfassen, was er getan, stürzte an der Leiche des
Bruders vorbei durch den dunklen Gang,die Treppe hinab, über den
Flur, durch das seit Ottos Ankunft noch nicht wiedergeschlossene
Haustor,lief über den menschenleeren Marktplatz, durch die lange
Dorfstrasse in die freie Landschaft hinaus, stapfte durch den ho-
Maute
hen Schnee, warf den Winterrock ab, der ihn im Laufen hinderte,
stürmte immer fort, immer weiter, nichts in sich, als den festen
Willen,niemals zur Besinnung zu kommen,- durch eine klingende
blaue Nacht, die niemals für ihn enden durfte. Und er wusste, dass
er diesen gleichen Weg schon tausende Male dahingerast und dass
es ihm bestimmt war ihn noch tausende Male bis in alle Ewigkeit
durch klingende blaue Nächte hinzufliehen.
Nicht weniger als sieben volle Wegstunden von dem Ort
entfernt, aus dem er geflohen war,an einem steinigen Abhang, der
zu der fast vereisten Ache hinabführte, den Kopf nach abwärts ge-
wandt, mit zerschundenen Händen, getrocknetes Blut an Scheitel und
Stirn, xxx man drei Tage später seinen entseelten Leib.
entdechte.