A234: Der Geist im Wort und der Geist in der Tat, Seite 3

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(Kunst)
Diejenige Kunst, in der es auf den ersten Blick am schwersten
zu fallen scheint, die wirksamen Zahlengesetze aufzufinden, ist die
Dichtkunst.
Vielleicht kommen wir am ehesten durch den Vergleich mit den an-
deren Künsten, durch Herausfinden von Analogieen auf Tatsachen, die
dafür sprechen, dass auch in der Poesie der Geist der Zahl lebhafter
wirkt, als man gemeiniglich annimmt.
Fragen wir uns zuerstm ob es in der Dichtkunst nicht irgend
einen Moment gibt, das dem Begriff des Rhytmus und den Begrifft der
Perspektive nicht nur im Sinne eines geistreichen Vergleichs, sondern
im tieferen Sinne entspricht.
Ein Beispiel.
Nehmen wir an, es wäre die Aufgabe gestellt, über einen be-
stimmten Vorgang eine Novelle zu schreiben.Dieser Vorgag hat in Wirk-
lichkeit die Dauer von acht Tagen in Anspruch genommen, und der Novel-
list hat uns das Ganze auf zehn Seiten zu berichten. Es ist natürlich,
dass er uns unmöglich den ganzen Vorgang ideaI, wahrheitsgetreu er-
zählen kann. Er wird in die Lage kommen, Dinge, die sich in vielen
Stunden abgespielt haben, in einer Mitteilung von wenigen Zeilen zu er-
ledigen, während er wieder andres, beispielsweise einen Dalog, genau
im originalen Zeitverhältnis berichten wird.
In einem andern Fall wird er in die Notwenigkeit versetzt sein,
Dinge, die zu ihrem tatsächlichen Verlauf Jahre gebraucht haben, in
wenigen Sekunden mitzuteilen.(Und nun verging eine lange Zeit der
Qual, des Zweifels "etc.)
Selbstverständlich ist es nicht der Willkür der Erzählers an-
heimgegeben, welchem Teil des Vorgangs er gekürzt, welchen er seiner