A240: Arbeiten über Schnitzler, Seite 76

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Stück nicht verzeihen konnte - es liegt nicht in der Art Tar-
tuffs, die Dinge so geradeheraus zu sagen-, wohl aber bemerkte
er mit Bedauern, dass Schnitzlers Werk nirgends ins "Metaphysi-
sche“ hinübergreife, das so ziemlich Schlimmste, was man einem
deutschen Dichter nachsagen kann. Wer das Geheimnis leugnet,
wird in Deutschland nie und nimmer „Geheimer Rat“ und auch
Schnitzler ist es nicht geworden, wollte es auch gar nicht werden,
weil er sich die Klarheit seines Urteils um keinen Preis und
keinen Rang der Welt abkaufen liess. Ihn darum einen "Atheisten"
nennen zu wollen, wie es seine Gegner taten, wäre nicht nur über-
trieben, sondern höchst ungerecht. Er selbst hat sich einmal
darüber in einem Briefe an mich sehr deutlich ausgesprochen, aus
dem eine Stelle hier wörtlich anzuführen ich mir umso eher er-
lauben darf, als sie der Sechsundsechszigjährige, der sich ja
zeitlebens viel mit Todesgedanken beschäftigte, gewiss auch mit
Hinblick auf die Nachwelt zu Papier brachte. Schnitzler wendet
sich gegen den wiederkehrenden Vorwurf, dass er die "übersinnliche
Welt“ ablehne, und fährt dann fort:”... Was ich ablebne, ist nur
das läppische und unlautere Geschwätz über das Unfassbare, Un-
endliche, Ueber- oder Ausser-Sinnliche. Doch bin ich keineswegs
so töricht, das Bestehen einer solchen übersinnlichen Welt und
ihr Hineinspielen, Eineinragen, Hineindrohen in unsere mensch-
liche Existenz zu leugnen. Freilich, mit den Flüchtlingen des
Gedankens, den Mystikern und Okkultisten, von den Spiritisten gar
nicht zu reden, will ich nichts zu tun haben und bleibe, der
Grenzen alles metaphysischen Erkennens wohl bewusst, auch weiter-
hin in den Reichen der Realität und des relativ Erforschbaren
redlich bemüht, die mir, gemessen an der Kürze unseres Erdenda-