A240: Arbeiten über Schnitzler, Seite 78

-1-
1 „ „
Vent 7
"terk"
P.
Der Geist im Wort und der Geist in der Tat.
Einem Dichter, schöpferischem Gestalter lebendiger Menschen, ist der Mensch
Gegenstand theoretischer Betrachtung geworden!
Wie selten ist es, dass die Natur zu der Kraft des Produzierens auch des
Brang und die Fähigkeit des Reflektierens schenkt und zu beiden noch den
starken Charakter, der sie reinlich auseinanderhält. Wäre es nicht so selten,
mancher Weg unseres Denkens wäre wohl minder beschwerlich. Denn wer kennt ein
Ding besser als der, der es selbst erzeugt? Und wer weiss mehr vom Menschen
als der, der selbst menschen schafft? Wer spräche aus näherer Vertrautheit,
wer könnte Wahreres, Fruchtbareres über ihn sagen als der Dichter, dem zu
lebendiger Gestaltungskraft Klarheit und Schärfe des Denkens, unbedingte
Aufrichtigkeit des Xäärkenntniswillens gegeben ist - der den Instinkt der
Diagnose besitzt, die Oberflächliches zu durchdringen und aus der Hülle des
Nebensächlichen den wesenhaften Kern herauszuschälen vermag'
In der Form von "vorläufigen Bemerkungen zu zwei Diogrammen" handelf das
neue Buch Arthur Schnitzlers vom Wesen des Geistesmenschen.Lebendig anschau-
endes, nicht begrifflich zergliederndes Denken will in der schwankenden,flies-
senden, stets sich wandelnden Erscheinung des Individuums einen festen Kern,
ein in allem Wechsel Beharrendes fassen und findet es in der "angeborenen,
einheitlichen und unveränderlichen Geistesverfassung“, die dem geistesmenschen
kennzeichnend zugrunde liegt. Und die unübersehbare Mannigfaltigkeit geistigen
Wirkene der Individuen schliesst sich vor dem synthetischen Blick des inneren
Auges zu wenigen Urtypen zusammen, die sich einer einfachen schematischen Figur
einem Dreieck zwanglos einfügen: zwei an den unteren Eckpunkten, zwei am den
Mitten der aufsteigenden Seiten, einer an der Spitze; ein sechster ist über der
Spitze angeordnet, an einer Linie, die von hier aufwärts gezogen ist. - Da
im allgemeinen menschlicher Geist zwei Hauptmöglichkeiten des Wirkens hat,
Wort und Tat, wird der Urtypuä verschiedene Gestalt haben, je nachdem, ob er
dem einen oder dem anderen Wirkungsbereich zugehört und es werden zwei ein-
ander völlig entsprechende Schemata entstehen, Nun ist aber der Geist ein xxx
zwiespältiges Prinzip, das nur polarisiert in Erscheinung treten kann, mit po-