A240: Arbeiten über Schnitzler, Seite 84

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ist. Wie rasch ist man bereit ideelle Probleme in jener sphäre
der Abstraktion zu lösen, in der es so leicht und reinlich gelingt,
lügenhaft- unbekümmert um die volle Auswirkung ins Tatsächliche.
Die Sühne verletzter Ehre: ein schönes Wort, eine edle heroische
Geste; dann aber ein Inferne von Gräuel, Verwüstung, Verzweiflung,
namenloses Leiden, in Generationen fortwirkendes Unheil. Ist da
nicht die Idee gar zum Feind des Menschen geworden, der gegen sie
geschützt werden muss? Und von allen Seiten erheben sich heute die
Stimmen der Besten: es gibt keinen unbedingten Machtanspruch der
Idee, erst fruchtbare Berührung,freundliche Uebereinstimmung mit
dem Leben gibt ihr Wert, gibt ihr Wahrheit und allemal kommt der
Anspruch selbst ideell unerhöhten Lebens noch vor dem der unloben-
digen Idee.
G.C.H.F.P
Dass in der Darstellung solcher Probleme und in der
Bemühung um ihre tätige Lösung nicht der volle Gehalt dieser Dich
tung beschlossen ist, sagten wir, da wir sie ein Spiel nannten; sie
sind nur, was aus dem Fluss des Geschehens in feste Formen geistiger
Erweiterung und Klärung gerinnt. Das Wesentliche liegt in anderem
Bereiche: in der Musik des Ablaufs. Menschen sind, leben nebeneian-
der,Zufall, der Schicksal wird, verknüpft, verwirrt die Fäden ihres
Daseins,löst sie wieder, den einen zu beglückend neuem Ausblick in
die Welt, den andern zu stiller Resignation, einen dritten
vielleicht zu Verzweiflung und Vernichtung führend. Der Rhythmus
des Zu-einander und xxxx von-sinander des Suchens und Findens,
Knüpfensund Lösens, die leichte Bindung durch den geheimnisvoll
anziehenden Mittelpunkt des Geschehens - den Zauberweiher - die
kontrastierende Gegenüberstellung von Menschen, von Gruppen, Steigerung
und Nachlassen der Dynamik in Redse und Szenenfolge: solche "musikali-
sche“ Ordnung bestimmt Wesen und Wirkung des Spiels. Von einer ab-
soluten Herrschaft der Form könnte man sprechen, wo der lebendige