A240: Arbeiten über Schnitzler, Seite 94

Mann, Da er in keinem Sinn gläubig war, weder im Religiösen noch
als Idealist, da er nicht an die Menschheit glaubte, weil er zu
scharf in den einzelnen Menschen sah, sondern bei all seiner
tätigen Güte tief innerlich eine skeptische Natur
war,hing er dem Wirklichen als den einzig Erfassbaren an und
der Gedanke, xxxx dass diese Welt zwar sinnlich zu fassen, aber
nicht zu halten war, dass alles verginge und man selber zuerst,
dass, wie er es einmal sagte, alle Menschen als Sterbende herum-
gehen, machte ihn nachdenklich. Immer versucht er die schöne
Kunst des Resignierens zu erlernen, den Abschied vom Eros, dem
Gotte der Jugend, indem er sich selbst zum Vorbild Gestalten
schafft. Buch auf Buch schreibt er, um sich in diesen Gestalten
selbst zu trösten und zu belehren über dieses Geheimnis des Ver-
gehens und der Vergänglichkeit. „Casanovas Heimfahrt”, Doktor
Graesler, Badearzt", "Frau Beate und ihr Sohn". Sie und udzählige
andere Gestalten, sie leiden an dem nicht zu beschwichtigenden
Gefühl, dass sie einen "Einsamen Weg“ gehen, dass niemand sie be-
gleitet und sie ganz nur aus eigener Kraft diese letzte Strecke
in Altern mit schon müden Augen werden lasten müssen. Und diese
tragische Einstellung, diese Ratlosigkeit vor dem Leben gibt
allen späten Gestalten und Figuren Schnitzlers einen erschüttern
den Seelenton. Etwas Urmenschliches bricht durch die bisher sorg-
sam umhütete Welt seiner früheren Werke und man wird seinen Ge-
stalten auf geheimnisvolle liebende Weise nah. Eine milde Weis-
heit dunkelt ihre Worte ab,eine andere, eine frühherbstliche
Schönheit umleuchtet den frühen, krassen und gewaltsamen Untergang
dieser Herzen. Je dunkeltöniger Schnitzlers Stimme in diesen spä-