A240: Arbeiten über Schnitzler, Seite 160

sind, so glaube ich das deutlicher auszudrucken wenn ich sage, dass der
schon im "Anatol" durchscheinende Konflikt in Schnitzlers geele, namlich
der Streit zwischen Verstand und gefühl, dem ueber das gefuhl hinausge-
wachsenen verstand und dem vom Verstand verlassenen gefühl, in allen sei-
nen Werken die Grundstimmung abgibt ferner, dass das gefühl wohl immer
recht behält, d.h. von Schnitzler und seinen Menschen als das Matürliche-
re erkannt wird, aber erst - und das wird durch da wort erkennen schon
angedeutet -wenn es zu spaet ist, nachdem die wenschen noch verstandes —
massiger geworden sind. Dass Schnitzler an der Liebe leidet, am weib, das
er ein Hypochonder der Liebe ist, dass er als Schmerz empfindet, was ande-
re befreit, was ihnen zur Lust wird, ist wohl im tiefsten Grunde auch mit
diesem Konflikt des Verstandes und des Gefühls zu vereinbaren. Wenn ich
Gefühl und Weib identifizieren, dann darf ich denfolgende Stelle aus ei-
anwenden
nem Gedicht Grillparzers mit Recht auf Schnitzler beziehen, umsomehr ab
die Verwandtschaft der beiden oester sichischen Dichter in keinem andern
Punkte so auffallend ist als in dem vonflikt zwischen verstand und Ge-
fühl. Ich beziehe mich auf das gedicht "Jugendeerinnerung" im Gruenen (1324)
„ Sie wollte gern ihr tiefstes Wesen lassen,
Doch allzu fest geschlungen war der Kranz.
So standen beide, suchten sich zu einen,
Das andre aufzunehmen ganz in sich
Doch all umschst, trotz Kingen, Sturmen, Weinen
Sie blieb ein Weib und ich war immer ich.
Das Gefühl meldet sich wohl immer bei Schnitzler, wird aber sogleich vom