B39: Herzl, Theodor_75 Arthur Schnitzler an Herzl, Abschrift, Seite 25

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deswegen.- So fährt Ihr Drama, nachdem es sicher und schön seinen
Weg hingebraust ist, - auf einem falschen Geleise ein.
- Eine Figur wäre event. noch in das Stück hineinzustellen, die als
Gegenspieler wirksam wäre: ein jüdischer Gouleurstudent, darnach
30 Mensuren chassirt wird, weil er ein Jude ist.- Eventuell noch
ein anderer Student, der dem kathol. Gesellenverein angehört und
sich aus "Katholisismus" nicht schlägt - und dafür sehr verehrt
wird! - Und noch eine Figur scheint mir indem reichen Bild zu feh-
len, das Sie von einer gewissen jüd. Gesellschaft entwerfen; - d.i.
eine sympathische Frau (oder Mädel). Gibt es nämlich auch. Oder
es wäre wenigstens zu zeigen, wie ein ursprünglich gut veranlagtes
Mädel durch Hellmannische Erziehung verkommt. Lies-e sich viel-
leicht gar nicht so schwer an Hermine zeigen, die scharf aber doch
ein bischen outrirt gezeichnet ist. Man begreift gar nicht, dass
ein so hochstehender Mensch wie Jacob sie heiratet. Das wäre dann
gleich motivirt, wenn die guten Züge noch an ihr zu entdecken wä-
ren. - Ganz meisterhaft sind die alten Samuel. Nur wirkt die Frau
ein bischen zu gewollt; im 1.Akt besonders. Wurzlechner versteh
ich nicht ganz. Ich glaube, in Ihrem Streben nach Objectivität ha-
ben Sie ihn geradezu sympathisch zu machen versucht. Aber, glauben
Sie mir, er ist ein ganz ordinärer Kerl. Geben Sie ihm wenigstens
stärkere Motive, wenn er von Jacob Abschied nimmt. Oder lassen Sie
diese Infamie schon im ersten Akt vernuthen. Oder: Jacob selbst
merkt, dass dem Wurzlechner sein Verkehr mit den Juden in der Gar-
rière schadet und er legt es ihm nahe, von ihm zu scheiden. Oder -
was mir am liebsten wäre: Jacob schmeisst den Kerl, wie er sich