B43: Hofmannsthal, Hugo von_1 an HvH, Abschrift, Seite 108

A.S. an H.v.H.
(36) "ien, 26.12.1925.
Mein lieber Hugo, viel Dank für den Briefwechsel. Ich
finde ihn ganz besonders interessant, aufschliessend,
anregend und - nebstbei, unglaublich amüsant. Ein wah-
res Feiertagsvergnügen.. Ihr Schiller-Artikel in der
N. Fr. Pr. war ganz ausserordentlich. Ich glaube nicht,
dass es heute in Deutschland neben Ihnen einen
Schriftsteller gibt, der im "Essayistischen" (im höch-
sten Sinn) an dieses Niveau heranreicht. In jedem Ab-
satz, jedem Satz - spürt man den Dichter,- oder viel-
mehr beide, Schiller und Sie,- (ohne dass Sie je "poe-
tisch" werden, was übrigens den Feuilletonisten eher
passiert); es ist mir ein rechtes Bedürfnis, Ihnen
bei dieser Gelegenheit wieder einmal - ach man un-
terlässt es so oft -! meine liebende Bewunderung aus-
zudrücken.
Alles Beste zum Neuen Jahr. Von Herzen
Ihr
Arthur.
A.S. an H.v.H.
Wien, 11. Märzul926.
Lieber Hugo, vom Verlag Reise weiss ich nur, dass
dort einige sehr gute und etliche bedeutende Bücher
herausgekommen sind, (was alle Leute wissen) in
Hinsicht aufs menschliche und geschäftli-
che bin ich absolut nicht informiert - bin mir also
gar nicht klar, wie ich solch eine Bescheinigung ab-
zufassen hätte, dass sie für den Verlag nur ei-
nigemassen nutzbringend sich erweisen könnte. Worum
handelt es sich denn eigentlich -? Um Sanierung? Um
Verkauf?-Mir ist der Sinn des Artikels nicht evident.
Genügt meine Erklärung, dass ich den Zusammenbruch
eines Verlags bedauern würde, in dem viel vortreff-
liches erschienen ist, so steh ich gern zur Verfügung.
Ich lege für alle Fälle gleich ein Blatt bei, viel-
leicht genügt es.
Sonderbar, dass ich gerade gestern, mit Andacht, fast
könnt ich sagen, und jedesfalls mit tiefster Bewe-
gung eine ganze Anzahl Ihrer Gedichte wiedergelesen
und empfunden habe, wie unerhört neu die Melodie