B16: Brahm, Otto 1b Arthur Schnitzler an OB, Abschrift, Seite 125

Votre très-même.
88 Berlin, 16.Dezember 1901.
Herrn Dr.Arthur Schnitzler
Wien IX.Frankg.1.
Lieber Herr Doctor!
Es thut mir recht leid, dass ich auf Ihren Wunsch we-
gen der Besetzung des Rademacher nicht mehr eingehen
kann, da Herr Reinhardt die Rolle bereits erhalten hat.
Ich glaubte freilich darin mit Ihnen conform zu han-
deln,da diese Besetzung Ihr erster Vorschlag war, auf
den ich nur zurückgegriffen habe. Rittner halte ich,
unbeschadet Ihrer angeführten Gründe, auch jetzt noch
für nicht geeignet und die jetzige Besetzung für die
zweckmässigste. Striche haben wir bisher nicht vorge-
nommen. Sie selbst hatten ja auch s.Zt. meine Gründe
gegen die Besetzung des R. mit Rittner gebilligt!
Wann kommen Sie?
Herzlich grüssend
O.B.
89 Berlin, 17.12.1901.
Lieber Herr Schnitzler,
ich komme heute nochmals zu Ihnen mit einem offenen
und nachdrücklichen Wort über die „Frau mit dem Dolch“.
Das Stück ist jetzt so weit probiert, um einen Eindruck
zu gewähren, und dieser ist bei uns allen ein so ungün-
stiger, dass ich es für meine Pflicht halte, Ihnen die
Zurückziehung des Stückes zu empfehlen! Während ich
mich zu den „letzten Masken" (in denen Reinhardt den
Rademacher übrigens sehr gut angelegt hat) auf der
Bühne mehr und mehr bekehrt habe, bin ich, und wir alle,
an der Möglichkeit, die Frau m.d.D. auch nur vor einer
argen Ablehnung zu bewahren (an Erfolg denkt Niemand)
immer mehr verzweifelt. Hierbei spielen die technischen
Fragen gar keine Rolle, dies ist alles geordnet, eine
ganze Bildergallerie ist vorbereitet etc. Aber das Pa-
radoxe und für mein Gefühl - Sie verzeihen - Verschro-
bene der Idee macht mir immer mehr Bedenken, um nicht
zu sagen sangen; und bei manchen einzelnen Wendungen