B16: Brahm, Otto 1b Arthur Schnitzler an OB, Abschrift, Seite 371

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(2.8.04.)
eine Weile aussetze und habe mich also bis auf weite-
res in dramatische Fährlichkeiten eingelassen: aus den
drei Taormineser Akten kann etwas leidliches werden;
aber für den Augenblick, d.h.seit vorgestern Abend hat. April
mich ein anderer (neugeborner) Stoff eingenommen, des-
sen Scenarium ich gestern entworfen habe und der mich
anregt. Unvorhergesehene Morde oder Selbstmorde abge-
rechnet sieht es nach einer Art von Lustspiel aus (wie
die Taormineser Sache) und für die nächsten Jahre ste-
hen möglicherweise Feuilletons von goldmann in Aus-
sicht, in denen er mich dringend auffordert, zur Trag-
oder wenigstens Melancholi-oedie zurückzukehren. Was
es nun im Ernst - oder in Heiverkeit werden wird, ver-
mag ich natürlich bei der Unverlässlichkeit meiner
Laune und Produktionsfähigkeit nicht zu sagen; sicher
ist aber, dass es mir in Hinsicht auf inneres Treiben
(nicht ebensosehr in Hinsicht auf äusseres Schreiben)
(2.5.04.)
schon lange nicht so wohl ergangen ist wie seit dem
Schwinden der ungefährlichen gelben Gefahr. Das Mär-
chen lass ich Ihnen durch Fischer senden; wenn Sie es
wirklich wieder lesen, so werden Sie merken, dass der
Schlus geändert ist. Das Freiwild kommt in diesem
Winter im Volkstheater zur Aufführung; der Ruppenspie-
ler bei Jarno (schade dass er bei Ihnen nicht wieder
auferstehen dürfte wie wäre es, fällt mir in neuerlicher
Paranthese ein-mit einer Zusammenstellung:Puppenspie-
ler, Liebelei - sp dass also die Leb.Std. als ganzer
Abend unversehr blieben?) - Was ich mit Johanna im
E.W. anfangen soll, ist mir (so sehr ich die Bedenken
heute anerkennen muss, da sie sich so sehr gerechtfer-
tigt haben) noch immer ziemlich unklar. Stellte sich
mein theatralischer Verstand nicht gewöhnlich um eine
Saison zu spät ein, so würde ich die Sache wahrschein-
lich so gemacht haben, dass schon der erste Vorhang
über einem beginnenden Verhältnis von Sala u. Johanna