B16: Brahm, Otto 1b Arthur Schnitzler an OB, Abschrift, Seite 401

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doch eigentlich einen Einakter vorstellt, ein in sich
geschlossenes Drama, das auch durch ein andres zu er-
setzen wäre. Und vielleicht väre e/s nothwendig ge-
wesen, auch einen 3.Akt zu suchen, der Marie in eine ganz
neue Welt versetzt, so verschieden von der des ersten,
wie dieß des zweiten war. Der Einaktercycloplus sitzt
tief in meinem Wesen, (was ich gar nicht so scherzhaft
meine). Sehen Sie sich nur einmal meine Stücke darauf-
hin an; viele meiner Akte sind so vorzüglich in sich
geschlossene Stücke, wie es keinem meiner mehraktigen
Stücke im ganzen zu sein gelingt. Statt festaneinander
gefügte Ringe einer Kette stellen meine einzelnen Ak-
te mehr oder minder echte an einer Schnur aufgreihte
Steine vor- nicht durch verhakende Notwendigkeit an-
einander geschlossen, sondern am gleichen Bande nachbar
lich aneinandergereiht.- Um wieder zum 3.Akt zurückzu-
kehren, möchte ich nur noch vom rein theatralischen
Standpunkte bemerken, dass ich eine wirkung auch diese
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Aktes für sehr wahrscheinlich halte,- vielleicht gera-
de durch die Verschiedenheit der Stimmung auch der
lm dwchaftlichen, gegenüber den dumpfen, wenn auch aufge-
regten zuständen der erst en bei de Akte.-
Und nun zum Herrn Rirektor. Ich erlaube mir hiemit
Ihnen den Ruf des Lebens einzureichen. Es wäre mir,
für den Fall der Annahme, sehr erwünscht, da Sie ja nun
doch beide Stücke hätten, wenn sie auf Ihren ursprüngli-
chen vorschlag der 5000 Mark Garantie zurückkämen.
Höchst erwünscht sage ich, ohne zu fordern mich berech-
tigt zu fühlen. Denn so gut Sie wissen, dass der Nach-
bar nach diesen Stück mit mehreren Händen griffe, eben-
so wenig zweifeln Sie daran, dass ich, nach dem vorge-
fallenen, ihm auch gegen eine Garantie von zwanzigtau-
send Mark, das Stück nicht geben würde. (Hier muss ich
der Vollständigkeit wegen einschalten, dass Kahane Herrn
Steinrück gegenüber seine Verzweiflung ausgedrückt hat,
weil ein recommendirter Brief von ihm an mich verloren