B16: Brahm, Otto 2 Arthur Schnitzler an Brahm, Abschrift (Fortsetzung) , Seite 10

65
20.6.1906.
Lieber Freund,
wir reisen schon sehr bald, wahrscheinlich am Montag
den 25.- über Berlin (1-2 Tage) Kopenhagen (3-4Tage)
nach Marienlyst. Wie lange wir dort bleiben, hängt von
unserm Wohlbefinden und den unberechenbaren Nebenum-
ständen eines unbekannten Aufenthalts in unbekannnten
Tagen ab. Nach 3-5 Wochen etwa möchten wir noch in ein
stilleres Nordseebad (Wyk oder dergleichen) würden
dann den Buben mit dem Fräulein von Hamburg aus zu-
rückspedieren und, wenn alles gut geht, noch eine ganz
kleine holländische Reise thun. Sagen Sie mir jedenfalls,
wann Sie nach Nordyk kommen und wie lange Sie dort-
selbst bleiben. Hoffentlich führt uns der Sommer we-
nigstens auf kurze Zeit zusammen. Das obenstehende
programm hat nicht die Bedeutung eines Lessingthea-
ters- sondern höchstens die eines Deutschen Theaters-
Repertoire.-
Bevor Sie wiederwas von uns erfahren, adressieren Sie
A
(20.6.06.)
Ihre sehr erwünschten Nachrichten hieher, Spöttelgasse
An Dramatisches hab ich mehrfach gedacht; beinahe alle
meine Pläne durchgelssen, durchmodeliert, ohne zu einem
zwingenden Entschluss gekommen zu sein, und beklagt,
dass für die beträchtliche Zahl meiner Ein-Aus- und Ab-
fälle weder meine Arbeitskraft noch meine künstlerischen
Fähigkeiten ausreichen (was übrigens eine Lebenslüge
oder eine Sterbensausrede sein kann.)
Herzlichst Ihr
viele Grüsse von Olga und Heini.
Haben Sie Dora Erl schon zu Gesichte bekommen?