B16: Brahm, Otto 2 Arthur Schnitzler an Brahm, Abschrift (Fortsetzung) , Seite 48

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und werden somit den Hochsommer in Wien verbringen.
Doch wollen wir circa 10.Mai auf 2-3 Wochen in die
Schweiz: Zürich, Luzern, Territet, Bern etc. -
Mein Stück (D.w.L.) hab ich einer gründlichen Durch¬
und theilweise Umarbeitung unterzogen und denke es nun-
mehr endgiltig abgeschlossen zu haben. Es scheint mir
nicht übel. Nun will ich es, zur Erleichterung aller
weiteren Massnahmen, drucken lassen, natürlich nicht
gleich als Buchsondern in Fahnenexemplaren, so dass
correcturen auch weiterhin möglich sein werden. Ich
möchte Ihnen dann lieber gleich so ein gedrucktes Ma¬
nuscript senden, was etwa Anfang Juni statthaben könnte.-
Im übrigen hab ich keinen guten Winter gehabt, war mit
den Nerven miserabel dran und habe wohl einiges recht
weitläufig skizziert, insbesondere novellistisches,aber
nichts abgeschlossen. Der Sommer wird hoffentlich in
jedem Sinne besser werden. Mit einem Wiener Gastspiel
Ihrerseits ist es heuer wohl nichts?
26.4.10.
Von zwei Theatervorstellungen hab ich zu melden, die
mir, beide in ihrer Art, viel Vergnügen bereitet haben:
„Der halbe Held“ und „Feldherrnhügel“. Letzteres sah
ich heut in einer Generalprobe der Neuen Wiener Bühne
(fürs Dresdner Gastspiel) und erkläre diese Komödie
für eine der amüsantesten, die ich jemals gesehen habe.
Der „halbe Held“ (Volksbühne) bleibt das tüchtigste
Theat erstück Eulenbergs, und mir ist es geradezu unbe-
greiflich, dass sich noch kein ernsthafter Direktor
zu der Aufführung entschlossen hat. Ein so schlanker
Baueine so reinliche Arbeit, eine so einheitlich
durchbildete Sprache, so treffliche theatralische Ein-
fälle im Einzelnen, als ein echt dramatischer Zug im
Ganzen. Spräche sich eine wahrhaft grosse Persönlich-
keit in dem Werk aus, so wäre es gross zu nennen -
denn alles übrige ist da, und in so guter Mischung, dass
man in den besten Momenten des Stücks geneigt sein
möchte, auch die Persönlichkeit zu wittern, deren Eigen-