B118: Zweig, Stefan, Seite 12

furchtbaren Verbannung von aller Freudigkeit, in welche dieser
Mensch hineingeboren ist. Sie konnten nicht wehrer sein, indem
Sie aus Millionen eine solche Gestalt herausholten, und für mein
Empfinden stellt sich diese Chronik endgiltig dar. Sie romantisiert
nicht, sondern sie bleibt grausam nüchtern und erschreckend wahr.
Erschreckend - dies Wort gilt nicht für mich, der das Tragische
und am liebsten das geheim Tragische des Daseins in Büchern als
höchste Tugend ehrt, wohl aber vielleicht für ein breiteres
Publikum, das, weil selbst diese Monotonie unbewusst erlebend, im
Geschriebenen wie auf der Leinwand immer eine Spannung sehen will,
bewegte Schicksale, und das unbewusst Depressive dieser Gestalt als
genant empfinden wird - genant für ihre Sorglosigkeit, für Ihren
Amisierwillen, ihr Darüberhinwegwollen im eigenen Dasein. Sie haben
es gewiss von Anfang gewusst, dass Sie hier einer Publikums-
neigung im inrersten entgegenwirken - die Menschen wollen immer
A.W.C
au moins
nur Reichtum sehen, reiche Milieus, tropische Charaktere, rare und
kuriose Erlebnisse - aber nichts ehrt Sie mehr, als dass Sie auf der
Höhe Ihres Schaffens das Allerschwerste auf sich genommen haben,
das dem Künstler vorbehalten ist: die arme Existenz zu schildern,
die Tragödie der unzähligen Anonymen. Diese Menschen lesen nicht die
Bücher in den ersten vier Wochen, insolange sie modern sind, sie
kommen erst langsam an sie heran - dann aber werden Sie einzelne
Dankbarkeiten erhalten, die Ihnen wirklich glückhaft sein müssen.
Als Mann des Metiers muss ich ein wenig neugierig sein auf den
F.T
Wiederhall im Kreise der Geistigen, ob das bewusst Heroische
dieser Chronik wahrnehmen und würdigen können, das für uns
Oesterreicher noch überdies besonderen dokumentarischen Wert hat.
Das Gefährlich einer solchen Chronik im Gegensatz zu einem wirk-