A100: Der Ruf des Lebens. Schauspiel in drei Akten (Vatermörderin), Seite 73

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Der Arzt.
Es wird vielleicht der einzige von allen sein, dessen
Name bleiben wird, weil er nicht nur ein Held, sondern
auch eine Art von Narr gewesen ist. Solche Launen
hat der Ruhm. Und dabei wäre es wohl möglich, daß
auch das nichts ist als eine Legende wie sie von der
wunderlichen Art., die sich in solchen Zeiten zu bilden
pflegen.
Der Adjunkt.
Warum sollte das eine Legende sein?
Der Arzt.
Wie manches andere vielleicht.
Der Adjunkt.
Woran denken Sie?
Der Arzt.
Sie haben doch gewiß auch davon gehört, daß in
der Nacht vor dem Abmarsch des Regiments ein junger
Offizier die Frau des Oberst und dann sich selbst erschoß.
Der Adjunkt.
Davon hab ich gehört.
Der Arzt.
Nun wird diese Geschichte schon in einer seltsam
ormanhaften Weise gedeutet und herumgetragen. Dem
Oberst, der sein eheliches Unglück längst geehnt — so
sagen die Leute — wäre es keineswegs darauf ange¬
kommen, die Fahne des Regiments zu entsühnen, sondern
aus Verzweiflung über die Untreue seiner Frau hätte
er den Schwur getan, sich und die Seinen in den Tod
zu führen.
Der Adjunkt.
Und die alte Schuld der blauen Kürassiere... auch
das nur eine Fabel?
Der Arzt.
Damit hat's jedenfalls eine besondere Bewandtnis.
Sicher ist, daß von dieser Schuld in keiner Geschichte
des damaligen Krieges ein Wort zu lesen steht. Ach
Das ist seltsam.
Marie.
Und doch ist sie wahr.
Der Adjunkt.
Wie?... Woher wissen Sie, Marie?
Marie.
Von meinem Vater weiß ich es, der es mir erzählte,
in der Stunde, ehe er starb.
Siebente Szene.
Der Adjunkt. Der Arzt. Marie. Kutharina über die
Wiesen her.
Der Adjunkt
(sieht sie.)
Katharina!
Marie.
Katharina!