A128: Im Spiel der Sommerlüfte. In drei Aufzügen, Seite 30

ein Regen käm'. Stebt binter Eduard, guckt in sein Heft.
Was sind das für komische Buchstaben?
EDUARD. Chinesische natürlich. Ich hab doch
Nachprüfung in Chinesisch. Klappt sein Heft zu. So, für
heute wär’s genug. Was ich dich hab’ fragen wollen,
Gusti. Möchtest du vielleicht später mit mir spazieren¬
gehen?
GUSTI zu Eduard. Bei der Temperatur!
EDUARD. Später, hab' ich g'sagt.
KATHI bringt den Kaffee in die Veranda.
GUSTI. Holt dich denn nicht der Herr Kaplan ab
zum Botanisieren?
EDUARD. Ist doch heut sein Bruder da — der
Herr Leutnant.
KATHI. Grad sind sie im Wagerl vorbeigefahren,
Seine Hochwürden und der Herr Leutnant. Gegen die
Bahn zu. Ab.
EDUARD. Da werde ich mich jedenfalls fertig
machen für den Fall, daß Hochwürden doch noch kom¬
men sollte. Geh, laß mir den Kaffee stehen, Mutter.
Ab ins Haus.
GUSTI. Möchtest du nicht so gut sein, Tante Jo¬
sefa, und mir den Kragen richten?
JOSEFA ist ihr bebilflich, streicht ihr den Kragen zurecht.
GUSTI. Kann dir leid tun, daß du ihn nicht gesehen
hast.
JOSEFA. Wen?
GUSTI. Den Leutnant. Ein bildhübscher Mensch.
Sehn sich übrigens sehr ähnlich, die Brüder.
EDUARD erscheint auf dem Balkon der Mansarde, trocknet
sieb mit einem Handtuch Gesicht und Hände, guckt binunter, noch
während Josefa der Gusti das Kleid richtet, und verschwindet wieder.
JOSEFA zu Gusti. Na, was hat denn der Doktor ge-
sagt?
GUSTI. Blick des Nichtverstebens.
JOSEFA. Zu deinem Engagement, mein’ ich?
GUSTI. Er weiß ja noch nichts davon.
JOSEFA. Noch immer nicht? Na geh!
Fischer-Verlag, Berlin
Im Spiel der Sommerlüfte
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1. Fahnenkorr. am 20. 8. 29
Bibliographisches Institut, Leipsig