A128: Im Spiel der Sommerlüfte. In drei Aufzügen, Seite 55

JOSEFA ergreift seine Hand, die er ihr anso=
zieben sucht. Vergeben Sie mir, Hochwürden. Wenn ic
geahnt hätte — Stärker. Hochwürden, verzeihen
mir.
KAPLAN. Nennen Sie mich nicht so.
JOSEFA. Verdammen Sie mich, aber nicht sich
Hochwürden. Noch einmal, verzeihen Sie mir.
KAPLAN. Ich habe Ihnen nichts zu verzeihen;
so wenig mir das Recht zustand, Sie wegen Ihrer
Zweifel zurechtzuweisen. Nicht zu stark. Der Zweifler
ein ich.
JOSEFA. Ich allein trage Schuld daran, daß
sich für einen halten.
KAPLAN. Ich bin es! Von dem Augenblick an,
da ich den Brief meines unglückseligen Bruders in
Händen hielt, begannen Zweifel sich in mir zu regen.
Ich suchte Zuflucht — bei Ihm, aber sie wollten nicht
schweigen. — Zweifel —? Das Wort ist zu schwach,
Auflehnung. Und nicht Auflehnung allein, Schlim¬
meres noch, — Unzufriedenheit — ja — irgend etwas
wie Neid. Und nicht zum ersten Male! Unzufrieden¬
heit mit meinem stillen Dasein; Neid auf das Leben,
das ihm beschieden ist, mit seiner Vielfältigkeit, mit
seinen Abenteuern, mit seinen Gefahren. Und die
Worte, die ich zum Himmel sandte, wurden kein Ge
bet sinnlos, im Leeren verwehten sie, denn sie waren
ohne Demut und ohne Glauben. Dasum wollte Gott
sie nicht hören (darum wandte er sich ab von mir,
darum jagte es mich auf von den Stufen des Altars,
trieb mich davon — hieher — als dürfte ich mir Trost,
kand
trügerischen Trost nur mehr von menschlichen Lip¬
pen, — sündigen, wie den meinen holen.
JOSEFA. Und ich, die verdammt war, statt Sie zu
beruhigen, Selbstvorwürfe, ungerechte SelbtvorwÜrfe
in Ihnen aufzustören.
KAPLAN. Gerechte. Und das war gut. Denn s
erkannt ich mich in meiner Schwäche ganz; und dan
ist vielleicht ein Weg zur Bühne frei.
Fischer-Verlag, Berlin
Im Spiel der Sommerlüfte
1. Fahnenkorr, am 21. 8. 29.
Bibliographisches Institut, Le###