A128: Im Spiel der Sommerlüfte. In drei Aufzügen, Seite 89

LANDBRIETRAGER von rechts am Zaun vorbei. Gu¬
ten Morgen. Will weiter.
VINCENZ. Nichts für mich?
BRIEFTRÄGER. Nichts ist da, Herr Professor.
JOSEFA. Und für meine Nichte auch nichts?
BRIETRÄGER. Nichts ist da fürs Fräulein Pfleg¬
ner. Guten Morgen. Ab rechts.
VINCENZ siebt auf die Ubr. Viertel neun schon.
JOSEFA. Kannst ja mit dem Omnibus fahren.
VINCENZ. Mit dem Rumpelkasten, Gott behüt!
Stebt auf. Ich geh lieber zu Fuß, ist auch gesünder.
Die Rainer-Mädeln, zwei junge Mädchen, beinahe noch Kinder
von 14 und 13, nett gekleidet, von links vorbei am Zaun.
DIE ALTERE. Guten Morgen.
DIE JUNGERE. KÜB die Hand!
VINCENZ winkt mit der Hand einen Gruß zu. Grüß
Gott, Kinder. Über die Veranda ins Haus.
JOSEFA bleibt sitzen. Wie geht’s der Mutter?
DIE ALTERE. Dank schön, sie hat noch geschlafen,
wie wir weggegangen sind.
JOSEFA. Ward ihr schon weit?
DIE JUNGERE. Bis zur Aussicht.
DIE ALTERE. Man muß die Zeit ausnützen, der
Sommer ist eh so kurz.
DIE JUNGERE. Heut acht Tag müssen wir schon
die Stadt hinein.
JOSEFA. Wir auch — wegen der Schul.
DIE ALTERE. Richtig, der Herr Eduard geht ja
auch noch in die Schul.
VINCENZ kommt wieder, Überzieber über dem Arm, Hut
in der Hand.
DIE JUNGERE. Einen schönen Gruß an den
Herrn Eduard.
VINCENZ lacht. An den „Herrn“ Eduard!
DIE ALTERE. KÜB die Hand!
DIE JUNGERE. Adieu, Herr Professor.
Jostera ihnen nacbrufend. Grüßt mir die Mutter.
12
Die Rainer-Mädeln sind nach rechts verschwunden.
JOSEFA zu Vincenz. Den Überzieher bei der Tem¬
peratur!
VINCENZ. Ich trau heut dem Wetter nicht. Und
wenn ich abends drin in der Stadt bleib
JOSEFA. Was willst du denn heute abend in der
Stadt machen?
VINCENZ. Wenn die Exzellenz aus Kassel viel-
leicht schon da ist — es wär ja möglich. — Wo steckt
denn eigentlich der Eduard?
JOSEFA. Der ist längst auf und davon.
VINCENZ. Ich hab überhaupt nichts von dem
Buben da heraußen. Zum Frühstück könnt er einem
doch wenigstens die Ehre erweisen. — Und das Fräu-
lein Nichte schlaft wieder einmal bis in den hellichten
Tag hinein.
JOSEFA. Aber die ist auch schon um halb sechs
ausgeflogen mit dem Doktor.
VINCENZ. Der muß doch in die Stadt hinein
spätestens mit dem Neunuhrzug.
JOSEFA. Nein, was du für Sorgen hast! Er wird
schon zurechtkommen. Und die Gusti auch. Pause.
VINCENZ. Was sagt denn eigentlich deine Schwe-
ster zu der Geschichte mit dem Doktor?
JOSEFA. Die hat nie viel zu sagen gehabt. Und
gar jetzt, wo die Gusti ins Engagement geht.
VINCENZ. Hat sie denn eins?
JOSEFA. Freilich. Am Innsbrucker Stadttheater.
Aber bitt dich, verplausch dich nicht. Der Doktor
weiß noch nichts davon.
VINCENZ. Der weiß wohl manches nicht.
JOSEFA. Es gibt nicht gar so viel zu wissen.
VINCENZ. Na, mir kann's egal sein.
JOSEFA. Das denk ich mir auch.
VINCENZ lächelnd. Ich hab sie ja nicht eingeladen,
die Gusti. Das war ja deine Idee.
JOSEFA. Meiner Schwester zulieb. Du glaubst ja
gar nicht, wie dankbar sie uns ist, daß wir dem Mädel,
13