A128: Im Spiel der Sommerlüfte. In drei Aufzügen, Seite 90

eh sie ins Engagement geht, den Sommeraufenthalt da
heraußen spendieren.
VINCENZ. Sie hat sich auch wirklich gut erholt
in den paar Wochen, das muß man sagen.
Eduard kommt von draußen gelaufen, 17jäbriger bübscher Junge.
EDUARD/ Guten Morgen, Vater, guten morgen,
Mutter. Küßt die Mutter.
(etwas etc)
VINGENZ küßt ihn flüchtig auf die Stirn. Wie schaust
du denn aus! — Zum Auswinden
dée parler
EDUARD. Ich komm vom Katzenstein, in fünf-
viertel Stunden hin und zurück. Vor acht Tagen hab
his
ich noch fünfundzwanzig Minuten nur bis zur Fallen¬
böckhütte gebraucht, nur hinauf.
VINCENZ. Fallenböckhütte?
JOSEFA. Sie haben die Hütte so getauft, nach dem
alten Hofrat. Er hat sich doch so verdient gemacht
um den Ort.
VINCENZ. Und ich hab sie noch immer nicht ge¬
sehen, diese berühmte neue Hütte. Ich komm über-
haupt nicht mehr dazu, Bewegung zu machen.
JOSEFA. Ja, wenn du immer so spät am Abend
herauskommst, leiser, auch ohne daß grad eine Exzel-
lenz zu erwarten ist.
VINCENZ streicht ihr beschwichtigend, lächelnd über die
Haare.
EDUARD. Es ist eine großartige Aussicht, Vater.
Wenn der Himmel ganz rein ist, bis zum Hochschwab.
Was, Mutter?
JOSqFA nickt.
VINCENZ. Warst du denn schon oben?
7OSEFA. Freilich. Schon zweimal.
EDUARD. Vorgestern waren wir alle oben, auch
die Gusti und der Herr Kaplan waren mit.
VINCENZ. Was, Seine Hochwürden auch!
EDUARD. Und nächstens wollen wir bis gegen das
Geisental, wo jetzt so schöne Orchideen blühen, wie
außerdem nur in den Dolomiten. Du könntest mir
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übrigens einen großen Gefallen tun, Vater. Schmeicbelnd.
Ich brauch so dringend einen botanischen Atlas.
VINCENZ. Jetzt, wo der Sommer schon bald zu
End’ geht —?
EDUARD. Aber, Vater; der Atlas hält sich ja'auch
bis zum nächsten Jahr. Das ist ja nicht wie in der Geo¬
graphie, die kann beim nächsten Krieg ungültig werden.
Der Herr Kaplan hat zwar einen atlas, aber der ist
nicht koloriert.
VINCENZ. Ich hab gar nicht gewußt, daß Seine
Hochwürden auch Botanik versteht.
EDUARD. Aber ein Gelehrter, sag ich dir! Er hätt
überhaupt eigentlich Botaniker oder Geolog oder Welt-
reisender werden sollen.
VINCENZ. Wenn er dir lieber im Griechischen
helfen tät, damit du bei der Nachprüfung nicht durch-
fallst.
EDUARD. Tut er ja auch, was Mutter? Zum Vater.
Die Mutter hat neulich zugehört, wie er mich aus-
gefragt hat.
VINCENZ. Hast wenigstens was können?
KATHI kommt mit einer Tasse, darauf Kaffee, Butter usw.,
strablt Eduard an. Da ist das Frühstück für den jungen Herrn.
EDUARD. Ich hab noch keins ang’schafft, und
Kaffee trink ich überhaupt keinen, und außerdem geh
ich jetzt g’schwind noch baden.
VINCENZ. Was, eine Badeanstalt habt ihr auch?
EDUARD. Aber du weißt doch, Vater, mein
Platzerl im Wald, am Bach, private Badeanstalt für
mich allein. Grüß dich Gott, Vater. Eilt davon.
VINCENZ, JOSFFA.
VINCENZ lächelnd. Also Madame interessieren
sich auch für Botanik? oder für Griechisch? ober für
Religion? Das wäre ja das Allerneueste! oder für ver-
hinderte Weltreisende?
JOSEFA nach einer kurzen Pause. Du hast’s nötig,
Vincenz!
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