A139: Casanovas Heimfahrt, Seite 72

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steinerne Treppe gelangte er ins Erdgeschoss, und durch das Spei-
sezimmer, wo auf dem Tisch noch die halbgefüllten Gläser stan-
den, in den Garten. Da auf dem Kies seine Schritte hörbar wurden,
trat er gle ich auf die Wiese über, die nun, im Frühdämmerschein,
zu unwirklicher weite sich dehnte. Dann schlich er sich in die
Allee, nach der Seite hin, wo ihm Marcolinens Fenster in den Blick
fallen musste. Es war vergittert,verschlossen,verhängt so wie
er es zuletzt gesehen. Kaum fünfzig Schritt vom Hause entfernt
setzte sich Casanova auf eine gebeinbank. Jenseits der Garten-
mauer hörte er einen Wagen vorbeifahren, dann war es wieder still.
Aus dem Wiesengrund schwebte ein feiner grauer Dunst; als läge
da ein durchsichtig-trüber Teich mit verschwimmenden Grenzen.
Wieder dachte Casanova jener Jugendnacht im Klostergarten von
Murano - oder eines andern Paris - einer andern Nacht -; er
wusste nicht mehr welcher - vielleicht waren es hundert Nächte,
die ihm in der Erinnerung in eine einzige zusammenflossen, sowie
ihm manchmal hundert Frauen, die er geliebt, in der Erinnerung
zu einer einzigen wurden, die als Rätselgestalt durch seine fra-
genden Sinne schwebte. Und war denn nicht am Ende eine Nacht wie
die anders? Und eine Frau wie die andere? Besonders, wenn es
vorbei war? Und dieses wort „vorbek' hämmerte in seinen Schläfen
J'ai es bestimment
weiter, als wohit es von nun ab der Pulsschlag seines
Verlorenen Daseins werden.
Es war ihm, als raschelte irgend etwas hinter ihm läng=