A139: Casanovas Heimfahrt, Seite 100

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Casanova hatte längst zu Ende gelesen, aber noch immer
hielt er das Blatt vors Gesicht, um die Totenblässe seiner ver-
zerrten züge nicht merken zu lassen. Das Geräusch des Mahles mit
anders.
Tellergeklapper und Gläsergeklirr ging immer- witer, doch niemand
sprach ein Wort. Endlich liess sich Amalia schüchtern vernehmen:
„Die Schüssel wird kalt, Chevalier, wollen sie sich nicht bedienen?
„Ich danke“, sagte Casanova und liess sein Antlitz wieder se-
hen, dem er nun dank seiner ausserordentlichen Verstellungskunst
einen ruhigen Ausdruck zu verleihen vermocht hatte. „Es sind vor
treffliche Nachrichten, die ich hier aus Venedig erhalten habe;
und ich muss unverzüglich meine Antwort absenden. Ich bitte da-
her um Entschuldigung, wenn ich mich sofort zurückziehe."-.Tun
Sie ganz nach Ihrem Belieben, Chevalier", sagte Olivo. „Aber ver-
gessen Sie nicht, dass in einer Stunde das Spiel beginnt."
Casanova ging auf sein Zimmer, sank auf einen Stuhl,
kalter schweise brach an seinem ganzen Körper aus.Frost warf
ihn hin und her, und der Ekel stieg ihm bis zum Halse hinauf, so
dass er glaubte auf der stelle ersticken zu müssen. Einen klaren
Gedanken zu fassen war er vorerst ausser stande, und seine ganze
Kraft verwandte er darauf, sich zurückzuhalten, ohne dass er zu
sagen gewusst hätte, wovor. Denn hier im Hause war ja niemand.
V:A:O:H:F:
an dem er seinen ungeheueren Zorn hätte austoben können, und den
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dumpfen Einfall, dass Marolina irgendwie an der namenlosen Schmach