A139: Casanovas Heimfahrt, Seite 116

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gentlich niemals besass. Ich weiss es, Lorenzi,“ setzte er rasch
hinzu, als sei er einer Entgegnung gewärtig und wollte ihr zuvor-
kommen. Sie haben gar keine Vorurteile, so wenig als ich sie ha-
be oder jemals hatte; und was ich von ihnen zu verlangen wil-
lens bin, ist nichts anderes, als was ich selbst an Ihrer Stelle
unter den gleichen umständen zu erfüllen mich keinen Augenblick
besonnen hätte,- wie ich mich auch tatsächlich nie gescheut habe,
wenn es das Schicksal oder auch nur meine Laune so forderte,
eine Schurkerei zu begehen oder vielmehr das, was die Narren die-
ser Erde so zu nennen pflegen. Dafür war ich aber auch, gleich
Ihnen, Lorenzi, in jeder Stunde bereit mein Leben für weniger als
nichts aufs Spiel zu setzen und das macht alles wieder wett.
Ich bin es auch jetzt - für den Fall, dass Ihnen mein Vorschlag
nicht gefiele. Wir sind aus gleichem Stoff gemacht, Lorenzi, Brü-
der im Geiste, und so dürfen sich unsere Seelen ohne falsche
Scham, stolz und naokt, gegenüberstehen. Hier sind meine zweitau¬
send Dukaten - vielmehr die Ihren - wenn sie es ermöglichen,
dass ich die heutige Nacht an Ihrer Stelle mit Marcolina ver-
bringe. Wir wollen nicht stehen bleiben, Lorenzi, wir vollen wei-
ter spazieren.
Sie gingen inden Feldern, unter den niedrigen Obstbäu-
men, zwischen denen die Rebenranken beerenbeladen sich hin schlan-
gen; und Casanova sprach ohne Pause weiter. „Antworten Sie mir