A139: Casanovas Heimfahrt, Seite 131

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Tor, daran vorüber, die Mauer entlang bis zu der Ecke, wo sie im
rechten Winkel nach oben dog und nahm nun den Weg durch die
Weinberge, den er, nachdem er ihn schon zweimal im Tagesschein
gegangen, leicht zu finden wusste. Auch hielt er sich immer der
Mauer nahe und folgte ihr auch, als sie nun, etwa auf der mittle-
ren Höhe des Hügels, wieder im rechten Winkel umbog. Hier ging an
auf weichem Wiesengrund, im Dunkel der verhängten Nacht weiter,
und musste nur Acht haben, dass er die Gartentüre nicht verfehl-
te. Er taatete längs der glatten steinernen Umfassung, bis seine
Finger das rauhe Holz spürten; worauf er die Türe auch in ihren
ganzen schmalen niederen Umris sein deutlich wahrzunehmen vermoch-
te. Er steckte den Schlüssel in das rasch gefundene Schloss,
öffnete, trat in den Garten und sperrte hinter sich wieder zu.
Er sah das Haus mit dem Turm jenseits der Viese in unwahrschein-
licher Entfernung und in einer ebenso unwahrsche inlichen Höhe
aufragen. Eine Weile stand er ruhig; er sah um sich; denn was
für andere Augen noch undurchdringliche Finsternis gewesen wäre,
war für die seinen nur tiefe Dämmerung. Er wagte es, statt in
der Allee, deren Kies seinen nackten Füssen weh tat, auf der Wiese
weiterzugehen, die den Ton seiner Schritte verschlang. Er glaub-
te zu schweben; so leicht war sein Gang.- War mir anders zu Mut,
dachte er, zur Zeit, da ich als Preissigjähriger solche Wege ging?
Fühl ich nicht wie damals alle Gluten des Verlangens und alle