A145: Mein Freund Ypsilon, Seite 12

Häheinän.
Wm.
Seite 491
1 „ „ —: —:
An der schönen blauen Donau.
21. Heft
dem Wagen nach... Ich konnte ihn nicht erreichen.... Ich sah
Nichts von Alledem habe ich gethan. Ich mußte wieder
ihn noch Minuten lang, denn die Straße ist lang und gerade
hin.. am späten Abend... Einsam der Friedhof, Niemand
— endlich war er aus meinen Augen... Und da stand ich
weit und breit... Das erstemal heute bin ich niedergesunken
... so wie ich jetzt vor diesem Blatt Papier sitze... dem
und habe die Erde geküßt, unter der sie ruht. Und habe dann
Wahnsinn nahe. Wer ist dieser Mann, der es wagt, auf
geweint, ja, geweint... Es war so still.. die Luft kalt und
dem Grabe meiner Gattin zu knien?.. Was war er ihr?..
ruhig. Ich bin dann aufgestanden und durch die Gräber-
Wie erfahre ich's?... Wo finde ich ihn wieder?... Plötzlich
reihen der Kirchhofsthür zu. Und es blieb vollkommen ein-
verzerrt sich mir die ganze Vergangenheit... Bin ich denn
sam; so scharf blickte der Mond über die Kreuze und Denkmäler
toll? Hat sie mich denn nicht geliebt?.. Ist sie nicht hier
daß ich Jeden hätte sehen müssen. Eine Frau sah ich auch im
hinter meinem Sessel hundertmal gewesen, hat ihre Lippen auf
Weggehen, mit dem schwarzen flätternden Schleier und dem
meinen Kopf gepreßt und mit den Händen meinen Hals um¬
Taschentuch... ich kenne sie schon so genau, diese Frauen. Und
schlungen? Waren wir nicht glücklich?... Wer aber ist dieser
die breite Straße, die der Stadt zuführt, lag weiß im Licht des
blonde, schöne, junge Mann?... Warum ist mir sein Gesicht
Mondes da. Ich hörte immer meine Schritte; Niemand kam
so bekannt erschienen?... Ist mir's jetzt nicht, als hätte ich ihn
hinter mir; lange blieb ich ganz einsam da, bis die ersten Vor¬
zu wiederholtenmalen, wenn ich mit ihr im Theater war oder
stadthäuser kamen und die ersten Wirthsstuben. Da gab es
in einem Concerte, uns gegenüber gesehen, den Blick unver-
auf einmal wieder Menschenstimmen und Tritte und Lärm.
wandt auf sie gerichtet? War es nicht er, der einmal, als ich mit
Mir aber that es ganz wohl, und jetzt, da ich nach meiner
ihr spazieren fuhr, dem Wagen so lange nachgeschaut?.. Wer
Abendwanderung zu Hause angelangt bin, habe ich ein selt-
war er? Wer? Wer? Ein Schwärmer vielleicht, den sie nicht
sames, seit lange nicht gehegtes Verlangen empfunden, mein
einmal gekannt, den sic nicht einmal eines Blickes gewürdigt.
Fenster aufzumachen, wieder Menschenstimmen und Straßen¬
Auch ich hätte ihn ja kennen müssen:... Er hütte doch einmal in
lärm zu hören. Aber die Nacht ist weitergeschritten und es
irgend einer Gesellschaft sich uns zu nähern versucht. Nein
wird stille unten. Auch frieren mich die Finger, während
er hat mich vielleicht vermieden. Er hat meine Frau ge-
ich dieses niederschreibe, weil es kalt zu werden beginnt; und
kannt, ohne mich zu kennen. Er hat sie auf der Straße ver¬
das Licht zittert trotz der unbewegten Luft.
folgt er hat es gewagt, mit ihr zu sprechen. Nein!
Sie hätte es mir erzählt!.. Erzä hlt!... Wenn sie ihn liebte?..
Ach, sie liebte ja mich. Mich?.. Woher weiß ich das?
Ich stand da, hart an der Friedhofsmauer, und die hohe
Weil sie mir's gesagt hat?... Sagen sie's nicht Alle, und die
Weide verbarg mich seinen Blicken. Frühmorgens war ich
Falschesten öster als die Besten..? Oh, ich werde ihn finden..
gekommen — der Allererste. Im Häuschen des Todtengräbers
ich werde ihn finden und fragen. Und er selbst
brannte sogar noch ein Licht. Bald nach mir aber erschienen
wenn er von ihr geliebt wurde, was wird er antworten?..
Andere, Frauen zumeist. Endlich er.... Ruhig schritt er dem
Ich bin zu ihrem Grabe hinausgewandert, weil ich sie liebte
Platze zu, wo er gewöhnlich weilt. Immer dieselben großen
sie aber hat nie etwas davon erfahren... Kann ich denn
klagenden Augen.... Und er kniete nieder. Ich schaute hir,
gen? Ja was also
Sr. Christe auf dem Grabe meiner Gattin
die Wahrheit aus ihm heraus
hini hin
meiterlehen?...
soll ich thun? H.. Welterleben.
Aber
alhemeos, hatte meine Finger in ###
###sen. Das dauerte Minuten lang... Er kniete, er betete
nicht.... Er weinte auch nicht... Nun erhob er sich wieder
Seit dreien Tagen habe ich ihn nicht wiedergesehen. Ich
.. wandelte, wie er's gewöhnlich zu thun pflegt, die Wege
bin all' die Zeit draußen gewesen, er erschien nicht mehr. Die
kreuz und quer. Nach einiger Zeit kam er wieder in meine
Todtengräber wissen nicht, wer er ist. Die nächsten Tage
Nähe... Ich hatte mich dem Grabe meiner Gattin genähert
will ich straßauf, straßab rennen, ich muß ihn finden. Er
und stand da, gestützt auf das Gitterwerk eines benachbarten
ist vielleicht abgereist. Einmal muß er wiederkommen.
Grabmals.... Er schritt an mir vorüber, sah mich gelassen
Er muß wiederkommen?... Und wenn er todt ist..? Wenn
an... Ich wollte ihn anrufen, ich habe es nicht gethan..
er nicht leben kann ohne sie? Oh, es wird humoristisch!
Ich habe gesehen, wie er sich dem Ausgang des Kirchhofes
Noch Einer, der ohne sie nicht leben kann. Ich hätte nur
näherte, und bin noch immer dagestanden... Ich weiß nicht
die eine Sehnsucht, ihm zu sagen.. Mein Verehrter! Be-
wie mir war... Ich weiß auch nicht, wie mir jetzt ist.
trüben Sie sich nicht allzu tief. Sie hat jedenfalls auch mich
Aber es kommt ein Tag, morgen... morgen schon, wo ich
geliebt. Ja, eifersüchtig möchte ich ihn machen. Ihr
ihn wieder sehen, wo ihn fragen, wo ich Alles wissen werde...
Bild habe ich von meinem Schreibtisch heruntergeschleudert, da
Et
liegt es, mitten im Zimmer.... Und da, mittén im Zimmer
auch ihre Briefe, die Briefe die sie in ihren Schränken und
Welch eine Nacht ist das! Ich kann nicht schlafen. Es
Pulten aufbewahrt hat... Denn ich habe Alles aufgerissen
ist kaum Mitternacht vorüber. Ich will doch jetzt hin
und durchstöbert. Was habe ich gefunden?... Briefe von mir
was soll ich hier, in meiner Wohnung thun... Ein paar Stunden
Blumen von mir, Bänder, Schleifen... vielleicht auch eine
nur, und die Tollheit ist wieder vorüber... Wie klar wird
Blume von ihm... wie soll man das der Blume ansehen?..
Alles sein... Aber bis dahin!... Nun, es sind ja nur
Was habe ich denn finden wollen?... Bewahrt denn eine
Frau etwas auf, was sie verrathen könnte?... Ich habe auch in
Stunden
ihren Kleidern, die noch dahängen, herumgesucht.. ein kleines
Ja, ja! Auf dem Grabe meiner Gattin! Wieder habe ich
Briefchen, ein Zettel, den man in die Hand drückt, ist leicht
ihn dort knien gesehen; ich bin nur zehn Schritte von ihm
vergessen... Sie aber hat nichts vergessen...
gestanden... Und warum bin ich nicht gleich auf ihn gestürzt?
Warum habe ich ihn aufstehen, ein paar Schritte unbehindert
weitergehen lassen. Wie? Habe ich das Recht nicht, ihn zu
Ich bin nicht mehr auf dem Friedhofe gewesen. Mich
fragen, wer er ist?... Wen kann ich fragen als ihn?... Er
schaudert davor, das Grab wiederzusehen... Es kommen ruhigere
hörte aber meine Schritte hinter den seinen, als er dem Thore
Minuten... Nachdem die ersten Tage vorübergegangen sind
zuschritt.... Und ich irre mich nicht, er hat seinen Gang be-
ohne daß ick wahnsinnig geworden, muß ich mich darein finden
schleunigt. Aber ich bin ihm nach.. und das merkte er.... Wie
nie die Wahrheit erfahren zu können... Wie beneide ich jene
er aus dem Thore hinausgetreten war, entschwand er mir natür¬
Betrogenen, die über ihr Unglück klar geworden sind! Wie
lich für zwei Augenblicke.... Ich aber ihm nach... Da raste
ein Wagen davon.... Der einzige rings im Umkreis.... Ich I beneide ich selbst das Los Derjenigen, welche ein Verdacht quält,