A20: Flucht in die Finsternis (Der Verfolgte, Wahnsinn), Seite 23

auch die Landschaft schien ihm duft los, trocken und ihres gewohnten
Reizes wie entkleidet. Er freute sich jetzt, dass die Stunde der Ab-
reise nahe war, und in seiner Seele tauchten höchst lebendige Bil-
der von winterlich-städtischen Vergnügungen auf, nach denen schon
nicht mehr verlangt hatte.
lange kein Verlangen mehr getragen. Er sah sich im Theater, auf einem
penel
bequemen Sammtstuhl der Betrachtung eines heiteren Bühnenspiels
hingegeben, sah sich durch hellbeleuchtete, menschen erfüllte Stras-
sen spasianan, zwischen lockenden Auslagefenstern mit köstlichen Ju-
wondels
welen und Lederwaren, und endlich erschien ihn seine Gestalt, ein we-
nig aufgefrischt und verjüngt, im stillen Winkel eines behaglich-vor-
nehmen Restaurants an der Seite eines weiblichen Wesens,dem seine
Phantasie unwillkürlich Albertens anmutige Züge verlieh. Zum ersten
Mal seit der Trennung dachte er ihrer heute mit einiger Wehmut; &
tragte sich,ob es sonderlich klug gewesen war, sie widerstands-
los dem jungen Amerikaner zu überlassen, dessen sie, der gefährlichen
Nähe entrückt, nach wenigen Tagen gewiss nicht mehr gedacht hätte; und
ob es in jenem abendlichen Waldgespräch am Vierwaldstädtersee nicht
sibulgt
vielmehr seine Pflicht gewesen wäre, die Freundin zu Warnen, statt
ihr zur Annahme eines Heiratsantrages zu raten, der, trotz aller lei-
denschaftlichen Bestimutheit, als Ergebnis einer Bekanntschaft von
nur wenigen Tagen, den einigermassen verdächtig erschien. Freilich täusch-
te sich Robert auch darüber nicht, dass sein augenblickliches Missbe-
hagen viel weniger aus solchen verspäteten Gewissenszweifeln, als
aus der dankbaren und nun beinahe schmerzlich erwachenden Erinnerung